Neuscharfeneck im Bauernkrieg 1525

Vorbemerkungen

Bauern auf Kirchweih, Holzschnitt v. Hans Sebald Beham 1535

Im Folgenden geht es vor allem um den Zug der Bauern gegen die Burg Neuscharfeneck und nicht um die Geschichte des Bauernkrieges im Südwesten, in dem diese Episode und auch der “Nußdorfer Haufen” vielfach noch nicht einmal in Fußnoten Erwähnung gefunden haben. Wie a.a.O. ausgeführt, wurde die Burg Neuscharfeneck während des Pfälzischen Bauernaufstandes  von April bis Juni 1525 zu Teilen eingeäschert.

Mit der Ortgeschichte von Nußdorf hat sich Rolf Übel eingehend beschäftigt und dabei auch die Handlungen des sog.  “Nußdorfer Haufens” im Bauernkrieg des Jahres 1525 näher beleuchtet. Als maßgebliche Quelle diente die Beschreibung der Begebenheit durch die zeitgenössischen Chronisten Peter Harer und Johannes Keßler, die von Willi Alter 1995 aufbereitet und veröffentlicht wurde.  Weitere Quellen sind unten benannt.

 Zeitgenössische Quellen werden in dieser Schriftart eingerückt zitiert.

 
 

Der Bauernaufruhr in der Pfalz bricht los

Und es begab sich, als in eym Dorf, bey Landaw gelegen, Nußdorff geheißen, am Sontag Quasimodogeniti Kirchweihe gehalten ward und alter Gewonheit nach von den Umbsassen mehrerteils besucht, das etliche leichtfertige Knaben, uff die 200, in einem Gespräch sich zusammen verpflichten, in Maynung, einen aygnen Hauffen aufzurichten, versamleten sich in der Nacht bey dem Monchhove geilweiler uff einem berg.

Folgt man Rolf Übel, so war Nußdorf an diesem Kerwetag des 23.April 1525 ein Dorf von etwa 115 Einwohnern und ganz und gar nicht imstande, einen (Bauern-)Haufen von 200 Mann zu bilden. Das Einzugsgebiet für die Bildung der Bauernmiliz muss also viel größer gewesen sein. Das Ratsprotokoll in Landau hatte zu dieser Zeit von einem “bundschuhigen geläufft” gesprochen, welches den Boden für die Aufstand mitbereitete und in ganz Süddeutschland zu finden war.

In der Region war bereits Ende April 1525 ein breiterer Aufruhr losgebrochen, der zunächst gegen kirchliche Güter gerichtet war.

Die fielen in Stift Clingenmunster, desgleichen ins Closter Herde, ins Johanserhaus Heynbach und den Munchshove Mechtersheim, namen Korn, Wein, Vihe und Essenspeys daraus und lebten im Sauß” (Lit.-Quelle (1)).

Auch das nahe der Burg Neuscharfeneck gelegene Kloster Eußertahl wurd 1525 von den Bauern geplündert

Weiterhin wurde von der “aoffrurrische buwernschafft”, bestehend aus dem Gleisweiler Haufen, verstärkt um Gruppierungen aus Annweiler, Neukastell, Nußdorf und Landau,

“(..) das Closter Eußertal geplundert, zerrissen und alle Ding verwust (..)”.

Die Burgen der Region gerieten erst ab Anfang Mai 1525 ins Visier der Bauern.

Wie die Burg Nescharfeneck im Bauernkrieg 1525 zerstört wurde

Nun zur Burg Neuscharfeneck:  Der Graf Friedrich von Löwenstein  Graf Friedrich I. von Löwenstein (* 1502; † 1541) hielt sich während des Aufstandes im  Landauer Hof auf und  hatte die Burg in die Obhut seines Burghauptmanns Gibelin, der mit der Tochter des Grafen verheiratet war, gegeben. Mitte April 1525, also vier Wochen vor der Einnahme der Burg durch die Bauern, hatte diese noch in Landau zwei Tonnen Pulver (Anm.: Zwei Fässer à 100 Pfund, Lit.-Quelle (3)) für die Geschütze der Burg bestellt. Ob deren Auslieferung vor dem Aufzug der Bauen tatsächlich noch erfolgte, ist strittig. Jedenfalls kann davon ausgegangen werden, dass auf Neuscharfeneck “etliches Pulver vorhanden” gewesen sein wird (Lit.-Quelle (3)). Somit muss es andere Gründe für die kampflose Übergabe der Burg an die Bauern gegeben haben, jedenfalls war es nicht der Mangel an Schießpulver.

Die Geschichte der Einnahme der Burg am 14.Mai 1525 wurde von Emil Heuser im Jahre 1925 so erzählt:

Der zaghafte Schlosshauptmann war, bevor noch die Bauern an die Burg herangerückt waren, ins Bauernlager bei Frankweiler gelaufen und hatte dort den Bauern gegen das Zugeständnis, dass er mit seiner Familie nebst persönlicher Habe frei abziehen könne, die Übergabe der außerordentlich starken Burg angeboten, nur sollten sie versprechen, dass die Burg nicht gebrochen und nicht angezündet werde. Damit waren die Bauern einverstanden. Der Schlosshauptmann zog mit seinen Leuten aus, der Bauernhaufe dafür ein. (…) Sie brannten trotz ihres Versprechens das Schloss ganz aus.”

Warum die Bauern entgegen ihres Versprechens die Burg dennoch anzündeten, hatte J.G. Lehmann 1857 wie folgt beschrieben:

“Da nämlich die Menge über eine schmale hölzerne Brücke nach einem Thurme eilte, fiel ein, vermuthlich benebelter Bauer im Gedränge von derselben in die Tiefe des Grabens hinab, der sich sogleich wieder unversehrt vom Boden aufraffte und wohlbehalten davon lief.  Bei diesem Anblick schrie das verblendete, aufgeregte Volk einstimmig: Wunder über Wunder! Denn sie sahen diesen Zufall als eine gute Vorbedeutung ihres, vom Himmel so sichtbar begünstigten, Unternehmens an und geriethen dadurch in solche Begeisterung, dass sie, wortbrüchig und ihrer gegebenen Zusage vergessend, unsere Neu-Scharfeneck in Brand steckten und, nebst vielem darin aufbewahrtem Getraide und wichtigen Urkunden, bis auf die nackten Mauern zerstörten (…).”

(Lehmann 1857, Bd. 2, S. 198)

Der Hauptgrund für die Kapitulation der mächtigen, zum Artillerieträger ausgebauten Burg, die mit mehr als 10 Geschützen und 50 Haken (siehe Waffenverzeichnis im Kapitel “Kanonenburg”) bestückte war, dürfte darin zu sehen sein, dass sie nicht in ausreichendem Maße mehr bemannt worden war. Geschützbedienungen waren im Unterhalt teuer, sie wurden deshalb häufig erst bei Zuspitzung der Lage als Söldner angeworben oder durch Reserven anderer gräflicher oder kurfürstlicher Garnisonen verstärkt. Das ist im Mai 1525 im Falle Neuscharfenecks unterblieben.

Auch die Madenburg wird kampflos eingenommen

Nur drei Tage später, am 17.Mai 1525, wurde übrigens auch die nahegelegene Madenburg, mächtige Burg im Besitz des Bischofs zu Speyer, von einem Bauernhaufen, der sich bei Mörlheim versammelt hatte, daher auch “Mörlheimer Haufen” genannt wurde, kampflos besetzt, denn der Burghauptmann

Niklas Wynstall verrieth mit seinen Mannen seines Herren Schloß, ließ die Aufrührer, bei ihrem Erscheinen vor den Thoren, in dieselben ein, und nun ergoß sich der bunte Haufen durch Keller und Gemächer, raubte, soff, jubelte, warf Feuer in die Burg, überließ sie den verheerenden Flammen, und zog weiter, um fernere Unthaten zu verüben.

Frey, Johann Michael: Versuch einer geogr.-hist.-stat. Beschreibung des k.b. Rheinkreises, 4 Bde, Speyer 1836 ff.

Hierbei muss man anmerken, dass der Bischof rund 400 bäuerliche Söldner zur Verstärkung der Garnison angeheuert hatte, die sich beim Nahen des Bauernhaufens mit diesen wohl solidarisiert haben. In heutiger Sprache würde man sagen: Da hatte sich der Bischof wohl einen “Trojaner” eingefangen.

Gewaltsame Beendigung des Bauernkrieges in der Pfalz

Der pfälzische Kurfürst hatte bis Anfang Mai 1525 mit den Bauern in seiner Region noch zu einem Verständigungsfrieden kommen wollen, wobei sogar mehrere Zugeständnisse an die Bauern in Aussicht standen. Die Verhandlungen scheiterten jedoch und so kam es am 23. und 24. Juni 1525 zur berühmten Schlacht bei Pfeddersheim (bei Worms) , in der Kurfürst Ludwig V. von der Pfalz mit seinen Verbündeten die Bauern vernichtend schlug. In der Feldschlacht des ersten Tages wurde das bäuerliche Heer aufgerieben. Auf der Flucht hinter die Mauern der Stadt Worms wurden etwa 4.000 Bauern erstochen oder erwürgt. Denen die Flucht hinter die Stadtmauern gelang, wurden am nächsten Tag durch Artilleriebeschuss aus Kartaunen, Scharfmetzen, Nothschlangen, Feldschlangen, Halbschlangen und Falkonets zur Aufgabe gezwungen. Nach drei Stunden und 262 abgegebenen Schüssen kapitulierten die Bauern und das fürstliche Heer hatte die Schlacht gewonnen.

“Synt etliche der buwren (..) zu Pfeddersheim erstochen worden.”

Man spricht von etwa 4.000 gefallenen Bauern. Damit aber noch nicht genug. Am 25.Mai, dem Tag nach der Schlacht, gab es dann noch einmal ein Blutbad, dem weitere 800 Bauern zum Opfer fielen. Die Anführer der Bauern wurden hingerichtet, die übrigen Bauern ließ der Kurfürst gegen Bezahlung frei. Man brauchte sie ja schließlich wieder zur Landebestellung.

Wiederaufbau Neuscharfenecks nach dem Bauernkrieg

Der Wiederaufbau von Neuscharfeneck geschah mit Verzögerung und dauerte vier Jahr (1526-1530), was auf massive Zerstörungen an der Bausubstanz hinweist, möglicherweise aber auch auf ungenügende finanzielle Ressourcen. Ab 1528 gab es zudem einen Streit zwischen Pfalz-Zweibrücken und Löwenstein-Scharfeneck, da letztere Bauleute von der Baustelle am Schloss in Bergzabern abgeworben haben.

Bauern aus den beim Aufstand beteiligten Orten mussten für den Wiederaufbau Frondienst leisten.

Weiterführende Quellen​

Weiterführende Offline-Quellen, Literatur

  Keddigkeit, Jürgen / Burkhart, Ulrich / Übel, Rolf:  

Pfälzisches Burgenlexikon III, I – N, Kaiserslautern 2005

  Alter, Willi:  Der Bauernkrieg in der Pfalz, in: Pfalzatlas, Textband III, Speyer 1981, S. 1362–1397 und Karten 105 und 106.

Alter, Willi: Der Aufstand der Bauern und Bürger im Jahre 1525 in der Pfalz, Speyer 1998.

StA Landau, Ratsprotokolle

Braun, Eckhard : Pfälzische Burgen und Feuerwaffen, Hauenstein 1997

Wacker, Jakob: Nußdorf und Landau im pfälzischen Bauernkrieg, in: Nußdorf, 960–1960, ein Dorfbuch, hg. von der Gemeindeverwaltung Nußdorf 1960, S. 30–34, S. 30

Franz, Günter: Der Deutsche Bauernkrieg, München/Berlin 1933.

Hartfelder, Karl: Geschichte des Bauernkriegs in  Südwestdeutschland, Stuttgart 1884.

Heuser, Emil: Der Bauernkrieg 1525 in der Pfalz, rechts und links des Rheines, Neustadt 1925

  Rolf Übel: Nußdorf im Bauernkrieg

   E-Book Michael Frey: Versuch einer geographisch, historisch, statistischen Beschreibung des kön. bayer. Rheinkreise, S.323 ff. (1836)

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