Burgenkunde
Das Burgsterben in der Pfalz
- Vorbemerkungen
- Burgenbau in der Pfalz
- Ćber das Recht, Burgen zu bauen
- Zur Burgbautechnik im Mittelalter
- Burgtypen
- Sonderform: Die Felsenburg
- Sonderform: Die Ganerbenburg
- Fliehburg als “frühe” Befestigung
- Die salierzeitliche Turmburg
- Die Burg in der Stauferzeit
- Ausbau zur āKanonenburgā
- Das Burgsterben in der Pfalz
- Logbuch der Zerstƶrung von Burgen
Wie im Kapitel Burgenbau in der Pfalz ausgeführt, sind weit über 500 Burgen und Burgstellen im PfƤlzischen Burgenlexikon in der Pfalz erfasst. Eine nicht unbetrƤchtliche Anzahl der aufgeführten Burgen war jedoch nur durch Urkunden nachweisbar, ohne dass sich noch Baureste erhalten hƤtten. SpƤtestens hier stellt sich die Frage, wie es zum Burgsterben und dem “Reichtum” an Ruinen in der Pfalz kam.
Warum sind nur ganz wenige Burganlagen heute, wie z.B. Berwartstein, Trifels , Krobsburg oder Winzingen, wenngleich stark von seinem historischen Erscheinungsbild abweichend, teilweise in Privatbesitz, heute noch erhalten? Der Niedergang der Burgen ist untrennbar mit dem Niedergang des Ritterstandes verbunden. Neben den spƤter noch zu besprechenden Zerstƶrungen durch Kriege und Naturereignisse gab es auch weniger spektakulƤre Gründe für die Aufgabe und den Verfall von Burgen, die kein Einzelereignis, sondern Ergebnis eines Prozesses waren, den ich hier kurz anreiĆe:
“Erstes Rittersterben” wƤhrend des Interregnums
Nach dem Ende der Stauferherrschaft in der Mitte des 13. Jhdts. verloren die als Verwalter der “Reichsburgen” eingesetzten Ministerialen an Bedeutung und sie waren – bis auf wenige Ausnahmen – nicht mƤchtig genug, eine eigenstƤndige Rolle in der kƶniglosen Zeit (Interregnum) des Heiligen Rƶmischen Reiches von 1245 – 1273 aufrecht zu halten. Nach der Thronbesteigung Rudolf v. Habsburgs 1273 drohte den “Ex-“Ministerialen zudem die Rückforderung ihrer Burg (als erledigtes “Reichslehen”) und die Einsetzung kƶnigstreuer Lehensleute. Sie schlossen sich in der Folgezeit immer hƤufiger den erstarkten Grafen oder gar dem Kurfürsten als nun bestimmende Territorialmachtinhaber an, z.B. 1363 als die Herrschaft von Scharfeneck (Neuscharfeneck) dem Kurfürsten v.d. Pfalz ihre Burg als Lehen antrugen und sie als Mannlehen zurück erhielten. Fortan waren sie Vasallen des KF v.d. Pfalz.
Wo das nicht gelang, verdingten sie sich als Sƶldner im Ausland, um dort ihr wirtschaftliches Auskommen zu suchen. Verarmte Ritter, die bis dahin noch an ihren Burgen festgehalten hatten, blieb oft nur das Raubrittertum, um ihren Burgen weiter unterhalten zu kƶnnen.
Neues Machtzentrum “Stadt”
Eine neue existenzbedrohende Kraft kam seit Mitte des 13. Jhdt. mit den aufstrebenden StƤdten auf. Dort florierten Handel und Gewerbe im Schutze mƤchtiger turmbewehrter Stadtmauern und die Bevƶlkerungszahl in den StƤdten wuchs rapide. So bluteten die Burgen in ihrer Wirtschafts- und Verwaltungsfunktion immer mehr aus, was zur weiteren Verarmung und einem fortschreitenden Bedeutungsverlust ihrer Inhaber führte. Die Verarmung der Ritterschaft und weiter Teile des Niederadels führte dazu, dass sie die Burg nicht mehr unterhalten und schon gar nicht mehr an die wehrtechnischen Weiterentwicklungen (Stichwort “Pulverwaffen”) anpassen konnten.
Angesichts dieser Entwicklung verwundert es nicht, dass viele der PfƤlzer Burgen wƤhrend des Bauernkrieges 1525 kampflos oder ohne grƶĆere Gegenwehr an die Bauern übergeben wurden, um das Leben der Bewohner im Gegenzug zu schonen. Nur wenige, finanziell gut gestellte, meist dem Hochadel angehƶrende, Burgenbesitzer konnten ihre Wehrbauten an die (militƤrischen) Anforderungen der Zeit anpassen, aber selbst dann mangelte es an Besatzung, um es mit einem zahlenmƤĆig hochüberlegenen “Bauernhaufen” aufzunehmen.
Gegenstrategien “VerpfƤndung” oder “Ganerbenburg”
Eine Strategie der Burgherren war, entweder Anteile an der Burg zu verpfƤnden, oder – Ƥhnlich wie in einer heutigen “Wohnungseigentümergemeinschaft”- weitere (Mit-)Besitzer durch Verkauf von Anteilen zu bekommen. Die “TeilungserklƤrung” der Burggemeinschaft hieĆ damals “Burgfriedensvertrag“. Die so entstandene sog. “Ganerbenburg” wird in einem separaten Kapitel besprochen.
Das Ende des Ritters auf dem Schlachtfeld
Zeitgleich wurde auch die Rolle des Ritters als TrƤger der Hauptlast der Schlacht vƶllig ausgehebelt. Unter Kaiser Maximlian I. wurde das FuĆvolk fortan durch erheblich kostengünstigere “Landsknechte“, verstƤrkt durch Kavallerie und Artillerie, gebildet und immer hƤufiger mit Distanzwaffen / Pulverwaffen ausgestattet, so dass der “ritterliche Zweikampf” nur noch in prƤchtigen Ritterturnieren fortlebte. Der Ritter hatte seine Funktion auf dem Schlachtfeld verloren. Das Burgsterben in der Pfalz geht einher mit dem Bedeutungsverlust der Ritterschaft.