Mit Pulverwaffen gegen Burgen

"Frühe" Phase der Steinbüchsen im beginnenden 15. Jhdt.

Mit dem Aufkommen der Feuerwaffen änderte sich die Belagerungstechnik deutlich. Das hochmittelalterliche Antwerk verlor an Bedeutung, Feuerwaffen ergänzten die Ausstattung der fürstlichen Heere. Im 15. Jahrhundert entwickelte sich sukzessive eine Kampfführung, die vom punktuellen Einsatz einzelner Geschütze hin zu einer koordinierten und mit “Fußvolck” wohl koordinierten beweglichen Kriegsführung verbundener Waffen führte. Der Ritter als vormaliger Hauptträger des Kampfes hatte ausgedient.

Der Feuerwaffeneinsatz gegen Burgen im frühen 15. Jhdt. war noch bestimmt durch einzelne schwere Legestücke, deren Antransport zum Einsatzort eine logistisch sehr aufwändige Sache war. Das konnten sich eigentlich nur noch finanzstarke Kriegsherren leisten. Gelegentlich zerbarsten die Geschützrohre aufgrund schlechter Werkstoffe oder übermäßiger Pulverladungen, mit denen man die Reichweite zu erhöhen suchte. Dennoch war der Erfolgszug der Artillerie nicht aufzuhalten.

Die erste mit Kanonen belagerte und mit der schweren “Großen Frankfurter Steinbüchse” gebrochene Burg im deutschen Raum war die Burg Tannenberg in Südhessen 1399. In der Pfalz wurden im 15. Jahrhundert die Wachtenburg (1470) , Rupertsecken und Erfenstein durch kurpfälzische Artillerie zerstört. Die »Hardenburg (1471) – allerdings vor ihrem Ausbau zur Kanonenburg – wurde durch den Leininger Grafen Emich VII. an KF Friedich I. v.d. Pfalz vor dem Eintritt größerer Schäden übergeben, wohl nur angesichts der artilleristischen Fähigkeiten des kurfürstlichen Heeres.

Nachfolgende Abbildungen veranschaulichen das (frühe) Kriegsgerät und sein  Wirkungsweise. Etwa 50 Jahre liegen zwischen den beiden Zeichnungen.

Abb. 1

    • Die schweren Legestücke waren geschmiedet und mit Stahlringen verstärkt. Sie verschossen schwere Steinkugeln. Um eine mauerbreschierende Wirkung zu erzielen, mussten die Stücke etwa 100-200m vor die Mauer herangeführt werden.
    • Die Nachladezeit solcher Büchsen betrug etwa 2 Stunden. Der enorme Abschussknall hatte eine immense psychologische Wirkung und führte bisweilen zur Kapitulation noch bevor es der Grad der Zerstörung geboten hätte.
    • Die abgefeuerten Steinkugeln zerbarsten beim Aufprall. Umherfliegende Splitter verletzten die auf der Mauer eingesetzte Verteidiger. Treffer führten auch zu Löchern und Rissen im Mauerwerk. Dünnere Mauern stürzten ein. Durch die gelegte Mauerbresche wurde der Sturmangriff “durch die Mauer” geführt. Der Verteidiger hingegen versuchten alles, die Bresche zu schließen. Dabei halfen auch Frauen und Kinder mit.
Verlustreicher Sturm durch eine Mauerbresche ( Ende des 14. Jhdt)
Abb.1: Verlustreicher Sturm durch eine Mauerbresche ( Ende des 14. Jhdt)

Quelle: Cologny, Fondation Martin Bodmer, Cod. Bodmer 144, f. 45r – René d’Anjou: Le mortifiement de vaine plaisance

 

Abb. 2

    • Zum Schutz des Stückmeisters und seiner Knechte stand das Legestück meist hinter einem Holzladen.
    • Ein Trupp Pikeniere steht für einen Sturm durch eine Mauerbresche oder zum Schutz des Kanonen vor einem Ausfall bereit.
    • Weitere Geschütze sind bereits auf hochrädrigen Lafetten (“Burgunderlafette”) beweglich gemacht, allerdings besaßen sie noch keine Schildzapfen, welche erst die Zielgenauigkeit deutlich verbessern halfen.
    • Auch die Arkebuse fand als Handfeuerwaffe Einzug in das Heer.
Kampf gegen eine habsburgische Befestigung (ca. Mitte 15. Jhdt) 
Quelle: Bern, Burgerbibliothek, Mss.h.h.I.1, f. 67 – Diebold Schilling, Amtliche Berner Chronik, Bd. 1 
http://www.e-codices.unifr.chde/bbb/Mss-hh-I0001/67/0/Sequence-47
Abb.2: Kampf gegen eine habsburgische Befestigung (ca. Mitte 15. Jhdt)

 Quelle: Bern, Burgerbibliothek, Mss.h.h.I.1, f. 67 – Diebold Schilling,
Amtliche Berner Chronik, Bd. 1 http://www.e-codices.unifr.chde/bbb/Mss-hh-I0001/67/0/Sequence-47

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