Burgenkunde
Über das Recht, Burgen zu bauen
- Vorbemerkungen
- Burgenbau in der Pfalz
- Über das Recht, Burgen zu bauen
- Zur Burgbautechnik im Mittelalter
- Burgtypen
- Sonderform: Die Felsenburg
- Sonderform: Die Ganerbenburg
- Fliehburg als “frühe” Befestigung
- Die salierzeitliche Turmburg
- Die Burg in der Stauferzeit
- Ausbau zur “Kanonenburg”
- Das Burgsterben in der Pfalz
- Logbuch der Zerstörung von Burgen
Sachsenspiegel (um 1220) und Schwabenspiegel (um 1275) sind königliche Land- und Lehensrechtsbücher aus dem 13. Jhdt., in denen Vorschriften zum Befestigungsrecht niedergeschrieben sind. Nach dem im süddeutschen Raum anzuwendenden Schwabenspiegel waren Befestigungen von einer Genehmigung abhängig, wenn sie folgende Eigenschaften aufwiesen:
- Gräben, die so tief waren, dass man Erde nicht mehr frei (ohne einen Schemel) herausschaufeln konnte
- Mauern und Palisaden, die so hoch waren, dass ein Ritter nicht mehr darauf greifen konnte
- Gebäude mit Eingängen, die höher als ein Knie über der Erde lagen
- Gebäude mit einer Höhe von mehr als drei Geschossen oder mit Zinnen, Wehrgängen und Schießscharten
Das Genehmigungsrecht für den Bau von Burgen hatte der König (“Regalrecht”). So die Vorgabe. Infolge der Schwächung des Königtums nach dem Investiturstreit (Kernzeit zwischen 1075 und 1122) weichte das königliche Privileg jedoch sukzessive auf. Die Reichskrise nutzten zahlreiche weltliche und geistliche Territorialherren und errichteten nun auch ohne königliche Genehmigung Burgen, darunter die Pfalzgrafen bei Rhein, die Grafen von Leiningen und die Bischöfe von Speyer. Der vom Hochadel betriebene Burgenbau reifte zum Instrument ihrer Herrschaftsbildung und die Burg wurde ihr wichtigstes machtpolitisches Instrument . “Wer keine ordentliche Burg besitzt, ist auch kein richtiger Adliger”. Kaiser Friedrich I. (“Barbarossa”) soll noch hart um das köngliche Regalrecht gerungen haben, sogar einzelne – aus seiner Sicht – illegal erbaute Burgen zerstört haben. Letztlich war die Entwicklung nicht mehr aufzuhalten. 1231 gestand Kaiser Friedrich II. im „statutem in favorem principum” (Privileg zugunsten der weltlichen Fürsten) dem Hochadel das seit langem umkämpfte Befestigungsrecht zu. Und so wird im Sachsen- und im Schwabenspiegel nicht mehr vom königlichen Regal, sondern von der Genehmigung des (zuständigen) Landesrichters für die Befestigung eines Ortes oder den Bau einer Burg gesprochen.
“Man en muz ouch keine burg bowen, noch stat vestene mit planken noch mit muren, noch berg noch weder turme binnen dorfe, ane des landes richters orlop.”
Trotz fürstlicher Vorbehalte nahmen sich seit etwa 1231 auch der nichtgräfliche freie Adel, die Ritter und die zu Wohlstand und Ansehen gelangten Dienstmannen (Ministerialen) das Recht heraus, eigene (allodiale) Burgen zu bauen, die vererbbar waren.
Eine weitere rechtliche Voraussetzung für den Bau einer Burg war neben der Genehmigung auch die Verfügungsgewalt über Grund und Boden. Niemand, auch nicht die Reichsgewalt, hatte das Recht, auf fremdem Boden eine Wehranlage zu errichten. Auch durfte für den Bau einer Burg keine Enteignung vorgenommen werden.
Der Schwabenspiegel geht auch auf die Folgen von Rechtsverstößen ein, bei denen eine Burg “gebrochen” werden durfte/sollte:
- Erhält ein Friedbrecher oder Geächteter länger als eine Nacht in der Burg Aufnahme und liefert ihn der Burgherr trotz Aufforderung des Richters nicht aus, wird die Burg geächtet.
- Wird der Gesuchte weitere sechs Wochen und einen Tag geschützt, werden alle Personen auf der Burg geächtet.
- Stellen sich die Leute der Burg nicht innerhalb einer zweiten Frist von sechs Wochen und einem Tag dem Gericht, hat der Richter die Burg zu belagern. Bringt er sie in seine Gewalt, dann hat er den rechtskräftigen Abbruch zu vollziehen.
- Anschuldigungen, die Burg habe Raubgut aufgenommen: Bestreitet der Burgherr diesen Vorwurf, so hat er die Möglichkeit, sich durch Eid (mit Eideshelfern) oder durch Zweikampf zu rechtfertigen. Konnte man aber dem auf die Burg gebrachten Raubgut nachfolgen und gibt es der Burgherr trotz Aufforderung des Richter nicht heraus, so hat der Richter die Burg zu ächten und ebenso vorzugehen, wie wenn Friedbrecher nicht ausgeliefert werden.
- Vollzug: Wenn der Richter mit einem Beil dreimal gegen die Burg schlägt, haben die Eingesessenen des Gerichtsbezirks sie mit Äxten einzureißen und dem Erdboden gleichzumachen. Auch die Gräben und Wälle sind mit Schaufeln einzuebnen. Doch darf die Burg weder angezündet, noch dürfen Balken, Steine oder andere Gegenstände weggeschafft werden.
- Eine auf Grund eines Gerichtsurteils geschleifte Burg darf mit Zustimmung des Richters wiederaufgebaut werden.