Zerstörung des Nanstein 1523

Unwirksames Abwehrfeuer

Da die Entfernung zum Nanstein – und damit zu den abwehrbereiten Kanonen des Großen Rondells – weniger als 300 Meter betrug, wird den Beobachtern auf dem Wartturm und dem Großen Rondell das Aufwerfen der Schanzen nicht entgangen sein. Die auf der Burg vorhandenen Doppelhaken konnten mit ihrer Kampfentfernung von max. 200 Metern das Beziehen der Schanzen durch die Vorhut nicht verhindern. Ein entsprechendes Abwehrfeuer zur Störung der Schanzarbeiten gegen die Hessische und Pfälzer Schanze musste folglich alleine von den Kanonen getragen werden, von denen viele kasemattiert waren. Von einem intensiven Feuer aus der Burg zum Niederhalten oder gar Vernichtung des anrückenden und seine Ausgangsstellung vorbereitenden Angreifers wurde nichts berichtet. Dies mag auch damit zu tun zu haben, dass Caspar Sturm als „Kriegsberichterstatter“ und Verfasser des „Warlich(er) Bericht“ im fürstlichen Sold stand und die Glorifizierung eines wehrhaften Franz v. Sickingen nicht im Sinne seiner Gegner lag.

In den Abwehrstellungen auf Nanstein werden die dort platzierten kurzen Schlangen, Viertel-, Halb- und Ganzkartaunen im Großen Rondell, die langrohrigen und größeren Schlangen auf der Plattform des Ost- und Westturms und in der der Nordbastion (diese nur gegen die Trierer Stellung) das Feuer auf die Schanzen eröffnet haben. Alleine ihre Wirkung verpuffte in den aufgeworfenen Erdwällen und den Schanzkörben der Angreifer oder aber sie trafen einfach nicht (immer). Denn die Feuerstellungen der Fürsten lagen im Niveau etwa 20m höher und in den unteren Ebenen der Rondelle, wo die größten der Nansteiner – in den Kasematten als Kurzrohrvarianten stehenden – Kartaunen aufgestellt waren, musste mit einem erheblichen Elevationswinkel gearbeitet werden. Die Rohrerhöhung, die schwächere Gasverdichtung in Kurzrohren und die Varianz der Treibladung in den Kartuschen sorgten für eine gehörige Streuung und erschwerten somit das Treffen von Punktzielen erheblich. Ein weiteres kam hinzu: Nach der Schussabgabe musste das erhöhte Rohr zum Laden wieder in die Waagrechte gebracht werden und vor dem nächsten Schuss wieder auf das Ziel eingerichtet werden. Das wirkte sich auch auf die Schussfolge aus, die deutlich geringer war als in den Schanzen der fürstlichen Artillerie. Dem Stückmeister, der für das Zielen Verantwortung trug, war eine Schussbeobachtung von der pulververqualmten Kasematte sicherlich auch nicht möglich, so dass es ein „Einschießen“, wie wir es heute kennen, damals nicht möglich war. Jeder Treffer war mehr oder weniger ein Glücksfall, der nicht reproduzierbar war.

Es hätte schon eines konzentrierten Abwehrfeuers in einer Feuerzusammenfassung auf definierte Ziele bedurft, um die gegnerischen Stellungen systematisch und nachhaltig auszuschalten. Das war mit Kasemattgeschützen nicht möglich. Es nutze wenig, wenn ein einzelner Schuss einen Schanzkorb zerriss oder ein Treffer in der Palisade oder einer Holzblende zu Splitterverletzungen bei der Bedienmannschaft führte. Es war keine einheitliche Feuerleitung und mit den wenigen Geschützen zur Feldseite keine ausreichende Waffenwirkung zu erzielen. Der häufig erforderliche Zielwechsel war sicherlich auch nicht förderlich, sich auf das Niederkämpfen einer (spezifischen) fürstlichen Schanze konzentrieren zu können.

Hätte Franziscus seine schweren Kartauenen außerhalb der Kasematten als auf ein Ziel zu konzentrierende Batterie aufstellen können? Als solcher Stellungsraum käme der Bereich auf dem Torweg unterhalb der südlichen Mauer in Frage. Ein weiterer Stellungsraum wäre an der Nordostbastion denkbar. Eckhard Braun stellt zutreffend fest, dass die Aufstellung der Geschütze dort nur unzureichend mit Schanzkörben oder Geschützblenden zu decken gewesen wären und die Stellung nach kurzer Zeit gnadenlos vernichtet worden wäre.

Abb.2) Überhöhte Stellungen Hessens und der Kurpfalz 250m östlich des Großen Rondells (Foto: Peter Wild, Nanstein 2017).
Abb.1) Stellungen der fürstlichen Allianz vor dem Nanstein 1523 (Bildkomposition Peter Wild, August 2017). Die bezogenen Stellungen im Osten des Nanstein lagen auf 355 m ü.NN und waren damit etwa 20m höher als das Niveau des Nanstein. Für einen wirkungsvollen Beschuss war eine überhöhte Stellung sehr vorteilhaft. Nur das sechsgeschossige Rondell konnte die Überhöhung mit den oberen Ebenen und der Geschützplattform ausgleichen.
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