Zerstörung des Nanstein 1523

Ausrüstung und Stärke des fürstliche Heeres

Fürstliche Allianz gegen Sickingen Kurtrier, Hessen, Kurpfalz


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Am 18. April 1523 rückte der Pfalzgraf an der Spitze seiner Truppen aus Heidelberg aus und traf am 22. April in Kreuznach ein, wo sich die Heere aus Kurpfalz, Kurtrier und Hessen vereinigten. Zusammen waren das etwa 5.500 Mann Fußvolk, und etwa 1.000 Berittene.
Darüber hinaus führten die Kriegsfürsten „zimlich gut geschutz“ mit:

1 großes Hauptstück für 250-pfündige Steinkugeln,

2 große Scharfmetzen: schwere Belagerungsstücke für 100-pfündige Eisenkugeln
8 Kartaunen, schätzungsweise
          4 Vollkartaunen für 42-pfündige Eisenkugeln und
          4 Halbkartaunen (24 Pfünder), davon 2 kurzrohrige Typen „Singerinnen“
6 Nothschlangen „Basilisken“ für 16-pfündige Eisenkugeln
„Klein geschutz alls Valkonet und dergleichen“: Das waren vermutlich kleine Schlangengeschütze, wie das ½ – Pfünder Serpentinell oder das 1-Pfünder Falkonet.
Ein mittelgroßer Mörser von vmtl. 30-Pfund Kugelgewicht war als einzige Steilfeuerwaffe aufgeboten

Das war deutlich mehr Artillerie als man gewöhnlich für den Beschuss einer Burg aufbot. Ein Großteil der Kanonen wurde von Kurtrier beigesteuert. Es kann angenommen worden, dass sich darunter auch Stücke befanden, die Franz im September 1522 vor Trier beim eiligen Rückzug zurücklassen musste.

Kanonenaufgebot der Fürsten

Schwere Steinbüchse Hauptbüchse genannt Der Strauß aus: Zeugbuch Maximilian I.

Hauptbüchsen bzw. Hauptstücke gehören zur schwersten Geschützkategorie der Belagerungsartillerie des. 15. Jhdts. Die Hauptbüchse verfügte noch nicht über Schildzapfen, mit der man sie auf einer Lafette hätte betten konnte. Vielmehr musste vor ihrem Einsatz zunächst einen Holzrahmen zimmern und das Geschütz darin fixieren. Eine Schussverbesserung war nur sehr schwer möglich. Die Hauptbüchse verschoss Steinkugeln von 250 Pfund Gewicht. Ihre Nachlade- und Anrichtzeit betrug etwa 2 Stunden.

Bei der Belagerung des Nanstein befand sich die Hauptbüchse im Kanonenarsenal des KF v.d. PFalz und kam in der pfälzischen Schanze zum Einsatz gegen das große Rondell. Im Einsatz gegen den Nanstein erwies sich die Hauptbüchse als deutlich schwerfälliger als die moderneren schweren Kartaunen.

aus Zeugbuch Maximilian BSB Cod.Icon 222, Digitale Bibliothek

Die Scharfmetze zählte Anfang des 16. Jhdts. zu den schwersten Geschütztypen der Belagerungsartillerie. Sie verschossen 100-pfündige Eisenkugeln und war sozusagen das “Nachfolgemodell” der Hauptbüchsen (Hauptstücke), die noch keine Schildzapfen hatten und nicht in einer Lafette gebettet waren.

Die größten Scharfmetzen erhielen durch den Gießer eigene Namen. Im kurpfälzischen Kanonenpark gegen Sickingen wurden 2 Scharfmetzen mit Namen “Boeß Elß” und “Pflazgräfisch Leu” (Löwe) mitgeführt.

Ihre Nachladezeit betrug etwa 15 Minuten.
Die etwa 3 Tonnen Rohrgewicht mussten mit 16 Pferden gezogen werden.

Doppelkartaune
Vollkartaune
aus: Kriegsbuch des Reinhard von Solms

Die Ganzkartaune verschoss 42 pfündiger Eisenkugeln mit einem Kaliber von 180mm. Das Rohrgewicht einer Kartaune betrug ca. 5 Tonnen. Die Nachladezeit einer Kartaune betrug etwa 15 Minuten

Die fürstliche Allianz gegen Sickingen führte 4 Vollkartaunen gegen den Nanstein zu Felde.

Halbkartaune (24-Pfünder) aus dem 16. Jh. aus Bronzeguss in Stellung auf Plattform, Festung Königstein (Sachsen)

Die “Halbe Kartaune” verschoss 24 pfündige Eisenkugeln des Geschosskalibers 150mm. Das Gewicht der Kanone betrug ca. 3,1 Tonnen. Die Nachladezeit einer Kartaune betrug etwa 15 Minuten

Zwei der vier Halbkartaunen in der fürstlichen Artillerie waren kurzrohrige Typen, die den Namen “Singerinnen” trugen.

Nothschlange, 16 Pfünder aus: Kriegsbuch des Reinhard von Solms


“Schlange”
war seit dem 15. Jahrhundert die Bezeichnung für ein Geschütz, das im Verhältnis zum Kaliber ein besonders langes Rohr hatte und im Vergleich zu den “Kartaunen”  ein relativ kleines Geschosskaliber aufwies. Die Schlange war ein typisches Flachbahngeschütz mit hoher Treffgenauigkeit sowie großer Durchschlagskraft.

In der fürstlichen Artillerie gegen Sickingen wurden 6 schwere Schlangen des Typs “Nothschlange” mitgeführt. Mit ihrer langschwänzigen Lafette wog jedes der Geschütze ca. 3,5 Tonnen.

Die Nothschlangen wurden bereits der Vorhut des Heeres zugeordnet und nahmen gezielt die Brustwehren und die Oberburg unter Beschuss.
Die Nachladezeit einer Nothschlange betrug etwa 10 Minuten

Kurzrohriges Falkonet auf Radlafette
Kurzrohriges Falkonet auf hochrädriger Wandlafette, Veste Coburg

Das Falkonet gehört zur Gruppe der “Schlangen”.  Es wird auch Falkonett, Falkon oder Achtelschlange genannt. Das Falkonet war für den präzisen Schuss konzipiert und ist nicht zu verwechseln mit der Falkaune. MIt 300kg Gewicht war es relativ beweglich.

Das Falkonet verschoss 1-pfündige Eisenkugeln vom Kaliber 5cm. Das Falkonet hatte bereits Kimme und Korn als Visiereinrichtung. Die Höheneinrichtung erfolgte mittels einer Schraubspindel.

Beim Kampf um Burgen kam das Falkonet häufig auf Dachplattformen von Geschütztürmen, wie z.B.  den Flankierungstürmen von Neudahn und der Schildmauer von Neuscharfeneck, zum Einsatz. Im Waffenverzeichnis von 1600 von Neuscharfeneck sind 2 “falckonetlin” als Zeughausbestand verzeichnet, die 1605 dann als “Feldstück uff hohen Rädern” verzeichnet wurden.  

Serpentinel (1/2-Pfünder)
Serpentinel, Kaliber 34 mm, Hinterlader mit vertikalem Blockverschluss, Rohrlänge 202 cm, Rohrgewicht 35 kg, Gewicht Lafette 27.6 kg,

Das Serpentinell konnte  gezielt im Kampf gegen feindliche Geschütze und Offiziere eingesetzt werden. Aufgrund des geringen Gewichts konnte es schnell verlagert werden.

Der Einsatz von Serpentinells auf dem  Neuscharfeneck ist nicht nachgewiesen. Ein Einsatz auf der Schildmauerplattform aber auch aus den beiden hochrechteckigen Scharten (#1, #7) der Schildmauer ist einsatztechnisch durchaus sinnvoll.

32-Pfünder Mörser mit Schidzapfen auf Blocklafette, Bronzeguss, Kugeln für Steinbüchse auf Veste Coburg

Der Mörser war eine grobe Steilfeuerwaffe für den Verschuss von Kugeln von 15-50 Pfund. Durch den indirekten Beschuss konnte auch ein Feind hinter hohen Mauern bekämpft werden.

Im 16. Jhdt. verwendete man Metallguss. Aufgrund seiner Größe und seines gewaltigen Rückstoßes musste er in einem massiven Holzunterbau fixiert werden.

Die fürstliche Allianz gegen Sickingen führte lediglich 1 Mörser mit, der überwiegend gegen die Oberburg und auf die am 2.Mai breschierte Einbruchstelle an der Südmauer zum Einsatz.

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