Analyse der Wehrfunktion der Burg Neudahn

Möglichkeiten des Angreifers

Der erste Artillerieeinsatz in der Pfalz gegen eine Burg richtete sich 1353 gegen die Burg Hohenfels am Donnersberg. Bereits Mitte des 15. Jahrhunderts war der Einsatz von Kanonen gegen Burgen “Stand der Wehrtechnik”. Die Blide (auch genannt “Tribock”, “Trebuchet”) rückte  als vormalige Hauptangriffswaffe gegen Burgen sukzessive in den Hintergrund. Der letzte Einsatz einer Blide auf pfälzischem Boden erfolgte vermutlich 1504 gegen Alt-Wolfstein.

In der Zeit um bzw. wenig nach dem Bauernkrieg (1525), in die auch der Umbau Neudahns zur Kanonenburg fiel, konnte ein mit Artillerie ausgerüsteter Angreifer eine Burg noch immer nur bis zu einer Entfernung von 300m wirksam, d.h. mit mauerbreschierender Wirkung, unter Beschuss nehmen.

Dieser Umstand bildete den Ausgangspunkt für den Planungen des Ausbau von Neudahn zur Kanonenburg. Darüber hinaus dürfte die Analyse des erfolgreichen Artillerieeinsatzes während der Sickingenschen Fehde 1523 gegen Burg Nanstein in den Umbauplan Neudahns mit eingeflossen sein. Denn nachdem Franz v. Sickingens Angriff gegen Kurtrier gescheitert war, holte eine fürstliche Koalition aus Kurtrier, Kurpfalz und dem Landgraf v. Hessen zum Gegenschlag aus. Sie zogen 1523 gegen Burg Nanstein, die unter massivem Artillerbeschuss zerstört und zum Grab des “letzten deutschen Ritters” wurde.

Ein Angreifer musste im 16. Jh. seine Geschütze noch bis auf 300 Meter an die Burg heranbringen, um eine mauerbreschierende Wirkung erzielen zu können. Aus 500 Metern war sicherlich auch noch eine psychologische Wirkung zu entfachen. Eine Überhöhung der Stellung war durch den Angreifer immer anzustreben.  Die Karte rechts belegt, dass die nächstliegenden Bergkuppen, aus denen noch eine Überhöhung der Stellung gegenüber Neudahn hätte eingenommen werden können, alle außerhalb der wirksamen Kampfentfernung der zeitgenössischen Belagerungsartillerie lagen. Angesichts des gewählten Burgplatzes auf einer Spornkuppe konnte eine feindliches Heer also nur entlang des Höhenkamms südlich des Wieslautertales aus Richtung Dahn aufmarschieren.

Einhergehend mit der Verbesserung der Waffentechnik und der damit verbundenen Reichweitenerhöhungänderten sich die Angriffsoptionen eines potenziellen Angreifers im 17. Jh. dramatisch und sehr zum Nachteil eines Verteidigers. Glücklicherweise musste Neudahn seine Wehrhaftigkeit im Artillerieeinsatz nie unter Gefechtsbedingungen nachweisen. Die Zerstörungen 1622 während des 30-jährigen Krieges wie auch die im Orléans’schen Krieg (1689) erfolgten jedenfalls nicht durch Kanonenfeuer.

Bedrohung mit Distanzwaffen im Radius 500 und 700m Entfernung
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