Die Waffeninventare von Neuscharfeneck

Wie bereits im Abschnitt “Geschichte Kompakt” dargestellt, wurde Neuscharfeneck durch Kurpfalz nach 1469 und von der Herrschaft Scharfeneck zwischen 1525 und 1530 sukzessive zur Kanonenburg ausgebaut.Ā  Sie hatte wohl nach Nanstein und Hardenburg den hƶchsten Artilleriebestand auf Burgen in der Pfalz aufzuweisen.

In seiner Ć¼ber 1.300 Seiten mƤchtigen Abhandlung Ć¼ber “PfƤlzer Burgen und Feuerwaffen hat Eckhard Braun unter anderem das Feuerwaffenarsenal und dessen Einsatzmƶglichkeiten auf Neuscharfeneck untersucht. Den letzten Stand hat Rolf Ɯbel 2015 in seinem Beitrag “GeschĆ¼tze auf Burg Neuscharfeneck” vorgestellt. Letzterer bezieht sich bei seiner Bestandsaufnahme auf die in Archiven entdeckten und belegbaren Burginventare. Interessant ist, dass die von Braun in den groƟen GeschĆ¼tzkammern der Schildmauer vermuteten grĆ¶ĆŸeren Kaliber wie “ViertelbĆ¼chse” oder “Viertelkartaune” in keinem der Inventaren von 1541 und 1600 aufgefĆ¼hrt sind.Ā  Die grĆ¶ĆŸten nachgewiesenen Kaliber waren ab 1541 dreiĀ  “Halbe Schlangen”, also 9-PfĆ¼nder. Deren Einsatz dĆ¼rfte nicht aus den Kasematten der Schildmauer, sondern vermutlich von der Dachplattform vorgesehen gewesen sein.

Der zweite Ansatz, die WaffenbestĆ¼ckung der Burg zu ergrĆ¼nden, ist die Auswertung von Inventaren.

(Erstes) Pulverwaffeninventar von 1541

Das erste auf Feuerwaffen eingehende Inventar der Burg stammt aus dem Jahr 1541. Es weist 21 “halbe hacken”Ā  auf.Ā 

9 der 21 Haken verfĆ¼gten Ć¼ber eine “lad“, standen also auf einem SchieƟbock.

In einem weiteren Inventar des gleichen Jahres tauchte dann eine grĆ¶ĆŸere Anzahl von Handwaffen und zum ersten Mal auch GeschĆ¼tze auf.

Handwaffen

An zwei verschiedenen LagerplƤtzen in der Burg sind in Summe 43 als “Doppelhacken bezeichnete Pulverhandwaffen gelistet. FĆ¼nf davon waren aus Metall, die anderen aus dem hƶherwertigen Messing.Ā  Auch wenn das Verzeichnis von “Doppelhaken”Ā  spricht, so handelte es sich doch eher um die (einfache) “HakenbĆ¼chse“.

Kanonen

Im gleichen Verzeichnis werden (nur) dreiĀ  Kanonen gelistet:

    • Auf der Schildmauer befanden sich zu diesem ZeitpunktĀ 
      2 “
      falckonetlin (=Falkonet, Achtelschlange)
    • In dem an den Westtturm angrenzenden WirtschaftsgebƤude (vgl. Grundriss #8):
      1 grosse schlang uff einem karch(=Schlangenrohr auf einem Wagen oder einer Karre montiert.

Zieht man in Betracht, dass es 6 GeschĆ¼tzkammern in der Schildmauer gab, scheint die erfasste Anzahl von 3 Kanonen unvollstƤndig. Oder waren die GeschĆ¼tzstƤnde (Kasematten) zu diesem Zeitpunkt etwa gerƤumt? Waren bei der Aufteilung der Herrschaft in die Linien Lƶwenstein-Scharfeneck-Scharfeneck und Lƶwenstein-Scharfeneck-Lƶwenstein gar Kanonen nach Lƶwenstein verbracht worden, die dann in den Inventaren der Burg nicht mehr auftauchten?Ā  Die Antwort hierauf muss offen bleiben.

Geschmiedete HakenbĆ¼chse 16. Jhdt, HGM, Wien

Die Bezeichnung als “HakenbĆ¼chse” kommt davon, dass auf der Unterseite ein Haken angebracht war, den man beim AnschlagĀ  so in der Mauer einhƤngte, dass der RĆ¼ckstoƟ beim Abfeuern der Waffe abgefangen wurde.Ā  Man konnte den Haken aber auch von einem SchieƟbock abfeuern.Ā  Der Haken eignete sich aufgrund seines relativ hohen Gewichts von ca. 30kg und seiner SchwerfƤlligkeit ausschlieƟlich als Verteidigungswaffe. Sowohl Doppelhaken als auch Haken hatten noch keine Visiereinrichtungen (Kimme, Korn). Verschossen wurde aus ihnen eiserne Kugeln, Bleikugeln oder eiserne mit Blei ummantelte Kugeln.

Im Pulverwaffeninventar von Neuscharfeneck (1541) wurden 9 Haken auf einen SchieƟbock erfasst.

Doppelhaken, RĆ¼stkammer Veste Coburg, 17. Jh.

Der Doppelhaken wurde 1521 von Karl V. gegen Parma erstmalig eingesetzt, spƤter auch zur Verteidigung von Wehrbauten. Folglich konnte dieser Waffentyp bei der Planung des Ausbaus der Schildmauer (1468 – 1471) noch keine Rolle gespielt haben. ist aber in Waffenverzeichnissen von Neuscharfeneck spƤter nachgewiesen. So wird im Verzeichnis von 1541 ein Bestand von 21 “Doppelhacken” am Zugang zur Schildmauer verzeichnet, weitere 23, “samt ettlich” Zubehƶr “uff dem Mantell” (auf der Schildmauer).

Das Rohr des Doppelhakens misst 1 ,5 – 2 Meter und wurde entweder auf einem hƤufig mit Eisenspitzen versehenen FuƟ gestĆ¼tzt, oder auf einem Bock mit RollrƤdern, oder auch nur auf die BrĆ¼stung der Mauer gelegt.

Verschossen wurde aus ihnen eiserne Kugeln, Bleikugeln oder eiserne mit Blei ummantelte Kugeln.

Radschlossmuskete (um 1600), verzierte JagdwaffeRadschlossmuskete (um 1600), verzierte Jagdwaffe
Radschlossmuskete (um 1600), verzierte Jagdwaffe

Die Muskete entwickelte sich bis ins 17.Jhdt. schrittweise zur Hauptwaffe der Infanterie (“Musketiere”) und lƶste damit die Arkebuse ab.

Die Muskete ist lƤnger als dieĀ  Arkebuse und konnte somit eine hƶhere Geschossgeschwindigkeit erzielen, was einherging mit einer Erhƶhung der Reichweite und der Treffgenauigkeit.

ViertelbĆ¼chse fĆ¼r der Verschuss von 10-pfĆ¼ndigen Steinkugeln mit Durchmesser 17 cm):Ā  aus: Zeugbuch Kaiser Maximilians I. – BSB Cod.icon. 222, Innsbruck, um 1502
http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00020956-6

Ā 

Namensgebend fĆ¼r diesen GeschĆ¼tztyp ist dasĀ  Steingewicht der zu verschieƟenden Kugel. Die ViertelbĆ¼chse hatte einen Rohrdurchmesser von ca. 17cm. Der Flug des SteingeschĆ¼tzes Ć¼bertraf die Rohrweite der 24-pfĆ¼ndigen Halbkartaune um 2cm und erreichte fast das Kaliber einer Ganzkartaune. Die noch bis zur Zeit des Maxilian I.Ā  hergestellten ViertelbĆ¼chsen wurden vom Typus der Kartaune fĆ¼r genormte Eisenvollkugeln abgelƶst.

FĆ¼r den Hagelschuss wurden jedoch keine Steinvollkugeln, sondern bis zu 20 Pfund Hackblei oder Arkebusenkugeln geladen.

Laut E. Braun stand in der Schildmauer von Neuscharfeneck mƶglicherweise ein 10-PfĆ¼nder (oder eine Viertelkartaune) aufĀ  einer vierrƤdrigen Kasemattlafette (siehe unten) in einer der groƟen, dort 1472 angelegten, Kasematten.Ā  Neuere Forschungsergebnisse die sich auf zeitgenƶssischen Waffeninventare stĆ¼tzen besagen jedoch, dass eine solch schwere BĆ¼chse nicht belegt ist.

TarrasbĆ¼chseĀ  (aus: RĆ¼st- und Feuerwerksbuch (gemeinfrei))

Bei der TarrasbĆ¼chse handelt es sich um ein kleinkalibriges EisenstĆ¼ck bis 2 Pfund Geschossgewicht, fĆ¼r den Hagelschuss., welches in einer Blocklafette gebettet war.

Einsatz der TarrasbĆ¼chse auf Burg Neuscharfeneck
Es ist vorstellbar, dass dieser (1500 bereits veraltete) Waffentyp fĆ¼r kurze Kampfentfernungen zum Einsatz gekommen ist.

Mit LotbĆ¼chsen des 14./15. Jahrhunderts wurden Geschosse aus Blei (Lot) mit Kaliber von 3 cm bis 15 cm verschossen, was einem Kugelgewicht von 0,5 bis 16 Pfund entspricht. Von den grĆ¶ĆŸeren LotbĆ¼chsen hieƟen die lƤngeren SchirmbĆ¼chsen, nach den beweglichen Holzschirmen bei Belagerungen, die mit kĆ¼rzeren Rohren nannte man anfangs TarrasbĆ¼chsen.

WƤhrend Haken/Doppelhaken zu den Pulverhandwaffen zuzurechnen sind, gelten nachfolgend genannte LotbĆ¼chsen bereits zur Artillerie.

KarrenbĆ¼chse (um 1520)
aus: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg126/0013

Im Gegensatz zu den “LegestĆ¼cken” war die WagenbĆ¼chse (synonym “KarrenbĆ¼chse”) als FeldgeschĆ¼tz mobil einsetzbar. Bei der Benennung des GeschĆ¼tztyps zog man die Art der Beweglichkeit, z.B. des Fuhrwerks, heran.

Im Neuscharfenecker Waffenverzeichnis von 1600 ist die Existenz einer “gross schlang uff karch“, welche zum Schutz vor der Witterung im StallgebƤude der Vorburg stand. Dieses GeschĆ¼tz konnte z.B. aus dem Westfenster des WirtschaftsgebƤudes wirken, oder aber auf dem Karren in eine Stellung auf die geglƤttete FlƤche um die ƤuƟere Vorburg (genannt “Kanonenplatte”) hinausgeschoben werden. Es kƶnnte sich hierbei um eine Halbschlange (9-PfĆ¼nder) gehandelt haben. NƤheres siehe unter “Halbe Schlange”.

6-pfĆ¼ndige Achtelkartaune

Kartaunen
gab es in lang- und kurzrohriger AusfĆ¼hrung und verschiedenen Kalibern von der Doppel- bis zur Achtelkartaune. Die Achtelkartaune verschoss 6-pfĆ¼ndige Eisenkugeln aus einem Rohr-Kaliber von 90mm.
Ā 

Kurzrohrige 6-PfĆ¼nder kamen in nahezu allen PfƤlzer Kanonenburgen zum Einsatz, da sie auch in kleinen GeschĆ¼tzwerken (ab 5 Meter Durchmesser) Platz fanden. Meist erfolgte der Einsatz in Burgen auf einer vierrƤdrigen Kasemattlafette.

Einsatz von 6-PfĆ¼ndern auf Burg Neuscharfeneck

Ā 

Halbe Schlange. 9-PfĆ¼nder, 15. Jh.
aus: Kriegsbuch des Reinhard von Solms

“Schlange” war seit dem 15. Jahrhundert die Bezeichnung fĆ¼r ein GeschĆ¼tz, das im VerhƤltnis zum Kaliber ein besonders langes Rohr hatte und im Vergleich zu den “Kartaunen”Ā  ein relativ kleines Geschosskaliber aufwies.

Die Halbe Schlange war ein typisches FlachbahngeschĆ¼tz mit hoher Treffgenauigkeit sowie groƟer Durchschlagskraft, das sowohl bei Belagerungen gegen schwƤchere Mauern wie auch in der Feldschlacht (Feldschlange) eingesetzt wurde.

Die “Halbe Feldschlange”Ā  war ein 9-PfĆ¼nder mit einem Kaliber von 107mm und einem Rohrgewicht von ca. 1,7 Tonnen.

Auf Neuscharfeneck war 1541 eine “gross schlang uff karch”, vermutlich eine Halbe Schlange auf einem Karren erfasst, mƶglicherweise fĆ¼r den beweglichen Einsatz auƟerhalb der Burg.Ā  In einem spƤteren Verzeichnis von 1605 wurden im Inventar sogar “3 halbe schlangen” erfasst.

Falkon-Rohr auf Festung Kƶnigstein (Sachsen)

Die Schlange war ein typisches FlachbahngeschĆ¼tz mit hoher Treffgenauigkeit, ideal zum Bestreichen der Zugangswege zur Burg.Ā  Der 2-PfĆ¼nder oder “Falkon” gehƶrt zu den kleineren SchlangengeschĆ¼tzen mit einem Rohrinnenkaliber von 68mm und einer RohrlƤnge von 170cm in der kurzrohrigen Variante (22 Kaliber)

In Burgen kamen Ć¼berwiegend kurzrohrige VariantenĀ  zum Einsatz, weil die PlatzverhƤltnisse fĆ¼r das Laden einer Langrohrvariante hƤufig nicht ausreichten.

Auf Neuscharfeneck waren 1541 sechs 2-PfĆ¼nder erfasst.

Kurzrohriges Falkonet auf Radlafette
Kurzrohriges Falkonet auf hochrƤdriger Wandlafette, Veste Coburg

Das Falkonet gehƶrt zur Gruppe der “Schlangen”.Ā  Es wird auch Falkonett, Falkon oder Achtelschlange genannt. Das Falkonet war fĆ¼r den prƤzisen Schuss konzipiert und ist nicht zu verwechseln mit der Falkaune. MIt 300kg Gewicht war es relativ beweglich.

Das Falkonet verschoss 1-pfĆ¼ndige Eisenkugeln vom Kaliber 5cm. Das Falkonet hatte bereits Kimme und Korn als Visiereinrichtung. Die Hƶheneinrichtung erfolgte mittels einer Schraubspindel.

Beim Kampf um Burgen kam das Falkonet hƤufig auf Dachplattformen von GeschĆ¼tztĆ¼rmen, wie z.B.Ā  den FlankierungstĆ¼rmen von Neudahn und der Schildmauer von Neuscharfeneck, zum Einsatz. Im Waffenverzeichnis von 1600 von Neuscharfeneck sind 2 “falckonetlin” als Zeughausbestand verzeichnet, die 1605 dann als “FeldstĆ¼ck uff hohen RƤdern” verzeichnet wurden.Ā Ā 

Serpentinel (1/2-PfĆ¼nder)
Serpentinel, Kaliber 34 mm, Hinterlader mit vertikalem Blockverschluss, RohrlƤnge 202 cm, Rohrgewicht 35 kg, Gewicht Lafette 27.6 kg,

Das Serpentinell konnteĀ  gezielt im Kampf gegen feindliche GeschĆ¼tze und Offiziere eingesetzt werden. Aufgrund des geringen Gewichts konnte es schnell verlagert werden.

Der Einsatz von Serpentinells auf demĀ  Neuscharfeneck ist nicht nachgewiesen. Ein Einsatz auf der Schildmauerplattform aber auch aus den beiden hochrechteckigen Scharten (#1, #7) der Schildmauer ist einsatztechnisch durchaus sinnvoll.

Ā 

Abb.: “FeldstĆ¼ck” auf zweiachsiger kleinrƤdriger Kasemattlafette (gemeinfrei)

Die ortsfest in Kasematten positionierten Kanonen saƟen anfƤnglich starr auf schwerfƤlligen Lafettenblƶcken (zeitgenƶssischer Begriff: “Laden“), die entweder schon zweiachsig mit 4 kleinen Laufrollen (Ƥhnlich wie in der Marine) oder noch gar nicht rollengelagert waren. (KlotzbĆ¼chse)

Die AufhƤngung des Rohres mit Schildzapfen (so wie in dieser Abbildung) kam erst gegen Ende des 15.Jhdts. auf.

(Zweites )Pulverwaffeninventar 1541

Etwa aus der gleichen Zeit dĆ¼rfte das nachfolgende GeschĆ¼tzverzeichnis stammen. Es verweist darauf, dass fĆ¼nf der aufgefĆ¼hrten GeschĆ¼tzrohre erst 1540 gegossen wurden.Ā  Insgesamt gab es zu diesem Zeitpunkt auf Neuscharfeneck 16 erfasste Kanonen.

Das Verzeichnis differenziert allerdings nicht nach dem GeschĆ¼tztyp. Es werden aber immerhin die wesentlichen Merkmale der Rohre und die dazugehƶrenden Kugeln beschrieben. Aus diesen Angaben kann man heute auf die zeitgenƶssischen GeschĆ¼tztypen schlieƟen. AuffƤllig ist, dass 1541 noch keine GeschĆ¼tze jenseits des ZweipfĆ¼nders verzeichnet sind.

    • 6 StĆ¼ck mit ca. 1,8m RohrlƤnge (“sechs Schuh”) , einem Kugeldurchmesser von 6cm, Kugelgewicht: 2 Pfund
      = Falkon, 2-PfĆ¼nder SchlangengeschĆ¼tz
    • 1 StĆ¼ck mit ca. 2,35 m RohrlƤnge (“8 schuh”), Kugeldurchmesser 5cm, Kugelgewicht ca. 1Ā½ Pfund
      = Falkonet , besonders langrohriger Typ
    • 5 StĆ¼ck, RohrlƤnge ca. 1,35m, Kugeldurchmesser 5cm, Kugelgewicht 1Ā½ Pfund
      = Falkonet, kurzrohriger Typ
    • 2 StĆ¼ck, RohrlƤnge ca. 1m, Kugeldurchmesser 4,3 cm, Kugelgewicht ca. 1 Pfund
      = Falkonet, besonders kurzrohriger Typ
    • 2 StĆ¼ck mit RohrlƤnge von ca. 1,7m, Kugeldurchmesser 3cm, Kugelgewicht ca. Ā½ PfundĀ 
      = Serpentinell (Scharfentinlein, FeldschlƤnglein), “normale” RohrlƤnge
Falkon-Rohr auf Festung Kƶnigstein (Sachsen)

Die Schlange war ein typisches FlachbahngeschĆ¼tz mit hoher Treffgenauigkeit, ideal zum Bestreichen der Zugangswege zur Burg.Ā  Der 2-PfĆ¼nder oder “Falkon” gehƶrt zu den kleineren SchlangengeschĆ¼tzen mit einem Rohrinnenkaliber von 68mm und einer RohrlƤnge von 170cm in der kurzrohrigen Variante (22 Kaliber)

In Burgen kamen Ć¼berwiegend kurzrohrige VariantenĀ  zum Einsatz, weil die PlatzverhƤltnisse fĆ¼r das Laden einer Langrohrvariante hƤufig nicht ausreichten.

Auf Neuscharfeneck waren 1541 sechs 2-PfĆ¼nder erfasst.

Kurzrohriges Falkonet auf Radlafette
Kurzrohriges Falkonet auf hochrƤdriger Wandlafette, Veste Coburg

Das Falkonet gehƶrt zur Gruppe der “Schlangen”.Ā  Es wird auch Falkonett, Falkon oder Achtelschlange genannt. Das Falkonet war fĆ¼r den prƤzisen Schuss konzipiert und ist nicht zu verwechseln mit der Falkaune. MIt 300kg Gewicht war es relativ beweglich.

Das Falkonet verschoss 1-pfĆ¼ndige Eisenkugeln vom Kaliber 5cm. Das Falkonet hatte bereits Kimme und Korn als Visiereinrichtung. Die Hƶheneinrichtung erfolgte mittels einer Schraubspindel.

Beim Kampf um Burgen kam das Falkonet hƤufig auf Dachplattformen von GeschĆ¼tztĆ¼rmen, wie z.B.Ā  den FlankierungstĆ¼rmen von Neudahn und der Schildmauer von Neuscharfeneck, zum Einsatz. Im Waffenverzeichnis von 1600 von Neuscharfeneck sind 2 “falckonetlin” als Zeughausbestand verzeichnet, die 1605 dann als “FeldstĆ¼ck uff hohen RƤdern” verzeichnet wurden.Ā Ā 

Serpentinel (1/2-PfĆ¼nder)
Serpentinel, Kaliber 34 mm, Hinterlader mit vertikalem Blockverschluss, RohrlƤnge 202 cm, Rohrgewicht 35 kg, Gewicht Lafette 27.6 kg,

Das Serpentinell konnteĀ  gezielt im Kampf gegen feindliche GeschĆ¼tze und Offiziere eingesetzt werden. Aufgrund des geringen Gewichts konnte es schnell verlagert werden.

Der Einsatz von Serpentinells auf demĀ  Neuscharfeneck ist nicht nachgewiesen. Ein Einsatz auf der Schildmauerplattform aber auch aus den beiden hochrechteckigen Scharten (#1, #7) der Schildmauer ist einsatztechnisch durchaus sinnvoll.

Ā 

Abb.: “FeldstĆ¼ck” auf zweiachsiger kleinrƤdriger Kasemattlafette (gemeinfrei)

Die ortsfest in Kasematten positionierten Kanonen saƟen anfƤnglich starr auf schwerfƤlligen Lafettenblƶcken (zeitgenƶssischer Begriff: “Laden“), die entweder schon zweiachsig mit 4 kleinen Laufrollen (Ƥhnlich wie in der Marine) oder noch gar nicht rollengelagert waren. (KlotzbĆ¼chse)

Die AufhƤngung des Rohres mit Schildzapfen (so wie in dieser Abbildung) kam erst gegen Ende des 15.Jhdts. auf.

GeschĆ¼tz-Inventar von 1600

In einem weiteren Inventar aus dem Jahr 1600 wird wiederum eine Anzahl von 16 GeschĆ¼tz(rohren)en aufgefĆ¼hrt. Die Klassifizierung der Typen weicht jedoch von dem Inventar von 1541 ab. Im Inventar von 1600 tauchen zudem drei mittelgroƟe Kaliber als “Halbe Schlangen” auf. Das sind nach der GeschĆ¼tztypologie 9-PfĆ¼nder SchlangengeschĆ¼tze, die damit die schwersten StĆ¼cke auf der Burg waren.

Das Inventar enthƤlt weiterhin Angaben zur Art der Lafettierung und Ć¼ber den Stand(Lager-)ort auf der Burg. Demnach standen

A) Im Zeughaus

    • 2 FeldstĆ¼cke auf hohen RƤdern mit lƶwensteiner Wappen (=Radlafette)
    • 5 FeldstĆ¼cke in Laden mit lƶwensteiner Wappen .
      Unter “Laden” versteht man eine besondere Art der GeschĆ¼tzbettung, die nach herrschender Meinung im Zusammenhang mit “FeldstĆ¼ck” eine Kasemattlafette war.
    • 3 halbe Schlangen ohne Schaft und Wappen.
      = 9-PfĆ¼nder mit einem Geschosskaliber von 10,7cm, Rohrgewicht von 1,7 Tonnen (in der Kurzrohrversion weniger).
    • 2 Kleine StĆ¼cke ohne Schaft und Wappen.
      Das kƶnnten die vorne ErwƤhnten, mit 1m RohrlƤnge besonders kurzen, 1-PfĆ¼nder sein
    • 2 lange Rohre mit lƶwensteiner Wappen
      Das kƶnnten die zwei 1,7m langen Serpentinell-Rohre des Verzeichnisses von 1541B sein.
    • 18 groƟe Doppelhaken, darunter einer ohne schafft:
      Doppelhaken werden Ć¼blicherweise nicht als GeschĆ¼tz subsumiert, sondern gehƶren zu den Pulverhandwaffen. Auf Neuscharfeneck scheint es sich um besonders schwere AusfĆ¼hrung gehandelt zu haben, die auf einem SchieƟbock gelagert wurden.

B) Im Marstall

Hier wurden sechs beschlagene WagenrƤder aufbewahrt. Damit konnte man einzelne im Zeughaus gelagerte FeldstĆ¼ck in Laden feldbeweglich machen. Wahlweise konnte man sie sicherlich auch als Ersatzrad verwenden.

Kleines Glossar:

veldt stĆ¼ck
FeldstĆ¼cke. Hier sind vermutlich die fĆ¼nf 1541 schon inventarisierten 2-PfĆ¼nder “Falkon” gemeint sein, dieĀ  “Kleine StĆ¼cke” wƤren dann als Falkonets anzusprechen wie auch die zwey feld stĆ¼ck uff hohen rƤdern.

uff hohen rƤdern
GeschĆ¼tzrohr auf Lafette mit groƟen RƤdern (im Gegensatz zum kleinrƤdrigen “laden“, s.u.)

in laden
Unter “Laden” versteht man eine besondere Art der GeschĆ¼tzbettung, die nach herrschender Meinung im Zusammenhang mit “FeldstĆ¼ck” eine Kasemattlafette war.

ohne schafft
ohne schafft” bedeutet: ohne Lafette oder SchieƟbock. Es war also nur das Rohr vorhanden.

KarrenbĆ¼chse (um 1520)
aus: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg126/0013

Im Gegensatz zu den “LegestĆ¼cken” war die WagenbĆ¼chse (synonym “KarrenbĆ¼chse”) als FeldgeschĆ¼tz mobil einsetzbar. Bei der Benennung des GeschĆ¼tztyps zog man die Art der Beweglichkeit, z.B. des Fuhrwerks, heran.

Im Neuscharfenecker Waffenverzeichnis von 1600 ist die Existenz einer “gross schlang uff karch“, welche zum Schutz vor der Witterung im StallgebƤude der Vorburg stand. Dieses GeschĆ¼tz konnte z.B. aus dem Westfenster des WirtschaftsgebƤudes wirken, oder aber auf dem Karren in eine Stellung auf die geglƤttete FlƤche um die ƤuƟere Vorburg (genannt “Kanonenplatte”) hinausgeschoben werden. Es kƶnnte sich hierbei um eine Halbschlange (9-PfĆ¼nder) gehandelt haben. NƤheres siehe unter “Halbe Schlange”.

Halbe Schlange. 9-PfĆ¼nder, 15. Jh.
aus: Kriegsbuch des Reinhard von Solms

“Schlange” war seit dem 15. Jahrhundert die Bezeichnung fĆ¼r ein GeschĆ¼tz, das im VerhƤltnis zum Kaliber ein besonders langes Rohr hatte und im Vergleich zu den “Kartaunen”Ā  ein relativ kleines Geschosskaliber aufwies.

Die Halbe Schlange war ein typisches FlachbahngeschĆ¼tz mit hoher Treffgenauigkeit sowie groƟer Durchschlagskraft, das sowohl bei Belagerungen gegen schwƤchere Mauern wie auch in der Feldschlacht (Feldschlange) eingesetzt wurde.

Die “Halbe Feldschlange”Ā  war ein 9-PfĆ¼nder mit einem Kaliber von 107mm und einem Rohrgewicht von ca. 1,7 Tonnen.

Auf Neuscharfeneck war 1541 eine “gross schlang uff karch”, vermutlich eine Halbe Schlange auf einem Karren erfasst, mƶglicherweise fĆ¼r den beweglichen Einsatz auƟerhalb der Burg.Ā  In einem spƤteren Verzeichnis von 1605 wurden im Inventar sogar “3 halbe schlangen” erfasst.

Falkon-Rohr auf Festung Kƶnigstein (Sachsen)

Die Schlange war ein typisches FlachbahngeschĆ¼tz mit hoher Treffgenauigkeit, ideal zum Bestreichen der Zugangswege zur Burg.Ā  Der 2-PfĆ¼nder oder “Falkon” gehƶrt zu den kleineren SchlangengeschĆ¼tzen mit einem Rohrinnenkaliber von 68mm und einer RohrlƤnge von 170cm in der kurzrohrigen Variante (22 Kaliber)

In Burgen kamen Ć¼berwiegend kurzrohrige VariantenĀ  zum Einsatz, weil die PlatzverhƤltnisse fĆ¼r das Laden einer Langrohrvariante hƤufig nicht ausreichten.

Auf Neuscharfeneck waren 1541 sechs 2-PfĆ¼nder erfasst.

Kurzrohriges Falkonet auf Radlafette
Kurzrohriges Falkonet auf hochrƤdriger Wandlafette, Veste Coburg

Das Falkonet gehƶrt zur Gruppe der “Schlangen”.Ā  Es wird auch Falkonett, Falkon oder Achtelschlange genannt. Das Falkonet war fĆ¼r den prƤzisen Schuss konzipiert und ist nicht zu verwechseln mit der Falkaune. MIt 300kg Gewicht war es relativ beweglich.

Das Falkonet verschoss 1-pfĆ¼ndige Eisenkugeln vom Kaliber 5cm. Das Falkonet hatte bereits Kimme und Korn als Visiereinrichtung. Die Hƶheneinrichtung erfolgte mittels einer Schraubspindel.

Beim Kampf um Burgen kam das Falkonet hƤufig auf Dachplattformen von GeschĆ¼tztĆ¼rmen, wie z.B.Ā  den FlankierungstĆ¼rmen von Neudahn und der Schildmauer von Neuscharfeneck, zum Einsatz. Im Waffenverzeichnis von 1600 von Neuscharfeneck sind 2 “falckonetlin” als Zeughausbestand verzeichnet, die 1605 dann als “FeldstĆ¼ck uff hohen RƤdern” verzeichnet wurden.Ā Ā 

Serpentinel (1/2-PfĆ¼nder)
Serpentinel, Kaliber 34 mm, Hinterlader mit vertikalem Blockverschluss, RohrlƤnge 202 cm, Rohrgewicht 35 kg, Gewicht Lafette 27.6 kg,

Das Serpentinell konnteĀ  gezielt im Kampf gegen feindliche GeschĆ¼tze und Offiziere eingesetzt werden. Aufgrund des geringen Gewichts konnte es schnell verlagert werden.

Der Einsatz von Serpentinells auf demĀ  Neuscharfeneck ist nicht nachgewiesen. Ein Einsatz auf der Schildmauerplattform aber auch aus den beiden hochrechteckigen Scharten (#1, #7) der Schildmauer ist einsatztechnisch durchaus sinnvoll.

Ā 

Doppelhaken, RĆ¼stkammer Veste Coburg, 17. Jh.

Der Doppelhaken wurde 1521 von Karl V. gegen Parma erstmalig eingesetzt, spƤter auch zur Verteidigung von Wehrbauten. Folglich konnte dieser Waffentyp bei der Planung des Ausbaus der Schildmauer (1468 – 1471) noch keine Rolle gespielt haben. ist aber in Waffenverzeichnissen von Neuscharfeneck spƤter nachgewiesen. So wird im Verzeichnis von 1541 ein Bestand von 21 “Doppelhacken” am Zugang zur Schildmauer verzeichnet, weitere 23, “samt ettlich” Zubehƶr “uff dem Mantell” (auf der Schildmauer).

Das Rohr des Doppelhakens misst 1 ,5 – 2 Meter und wurde entweder auf einem hƤufig mit Eisenspitzen versehenen FuƟ gestĆ¼tzt, oder auf einem Bock mit RollrƤdern, oder auch nur auf die BrĆ¼stung der Mauer gelegt.

Verschossen wurde aus ihnen eiserne Kugeln, Bleikugeln oder eiserne mit Blei ummantelte Kugeln.

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