Zeitreise zur Burg Lindelbrunn des Jahres 1317
Das Burgmodell habe ich mit der Software MAXON Cinema 4D erstellt.
Seite zuletzt geändert am 22. Januar 2021

Lindelbrunn (1317) aus Süden (Draufsicht)
Lindelbrunn wurde auf einem polygonalen Felsen mit fast dreieckigem Grundriss mit Seitenkanten von 60 x 55 x 70m erbaut. Groß dimensionierte Repräsentations- und Wehrbauten sowie eine freistehende Burgkapelle lassen auf einen hochrangigen und betuchten Bauherrn schließen, ohne dass uns dieser aus der Dokumentenlage bekannt ist.
Die Wohn- und Wehrbebauung innerhalb eines Berings besteht im Wesentlichen aus zwei Türmen, einem Saal- und Wohnbaukomplex in L-Form, aus Nebengebäuden und einer freistehenden Kapelle.

Lindelbrunn (1317) mit Unterburg aus Süden
Alleine der 10m breite Streifen unterhalb der Palas-Schauseite auf der Südwestseite der Burg erlaubte die Ansiedlung einer kleinen Unterburg. Dort befand sich ein Burgbrunnen.

Lindelbrunn (1317) mit Unterburg aus Südwesten
Lindelbrunn ist eine Burg, bei der der Wohn- und Repräsentationswert gegenüber der Wehrfunktion deutlich im Vordergrund standen. Dabei wurde das Gipfelplateau vollständig ausgenutzt.
Nach der Zerstörung im Bauernkrieg wurde die Burg nicht wieder aufgebaut. Wohl auch deshalb, weil
(1) die Finanzlage der Gemeiner dies nicht zuließ und
(2) kein zusätzlicher Raum für die erforderliche Ertüchtigung für Feuerwaffen vorhanden war.

Lindelbrunn (1317) Palas Schauseite (Froschperspektive)
Die Südwestseite der Burganlage wird durch Wohn- und Repräsentationsgebäude bestimmt. Besonders imposant wirkt(e) der buckelquaderverblendete 30m lange Palasbau.
Unterhalb des Burgfelsens verlief ein 10m schmaler Streifen, der Platz für eine kleine Unterburg bot. Hier befand sich ein Burgbrunnen (14. Jh.), der – ähnlich wie beim Trifels – nicht durch den Kernburgfels gebohrt wurde, sondern außerhalb der geschützten Burg lag. Wie die Entnahmestelle vor einem Feindzugriff gesichert werden konnte, ist nicht erkennbar.

Lindelbrunn (1317) Palas Schauseite aus Westen
Der heute noch imponierendste Bauteil der Burg ist der rund 30m lange buckelquaderverkleidete Palas an der Südwestseite, der in einen Anbau mit geringerer Wandstärke und glatter Mauersturktur übergeht.
Der Palas verfügte über 3 Geschosse. Zwei Reihen mit je drei gedoppelten Fenstern mit spätromanischen Spitzbögen waren Anfang des 14. Jh. möglicherweise schon verglast. Die Fenster waren mit Buckelquadern verblendet. Eine große Kaminanlage beheizte die repräsentativen Räume / Säle.

Lindelbrunn (1317) Felsstock mit Rundturm aus Süden
Unter einem Felsüberhang im Süden der Oberburg schwenkt der Burgweg in nördliche Richtung um und führt entlang der östlichen Felsseite zum Burgeingang.
Der Felsstock selbst war überbaut. Über die Art des dort einstmals stehenden Gebäudes besteht allerdings Uneinigkeit. Die Überbauung des südlichen Felsstocks mit einem der Geländeform angepassten Rundturm zur Überwachung des Burgwegs und der Brunnenstelle ist m.E. am wahrscheinlichsten, wenngleich nicht nachgewiesen. Sofern hier einst ein Rundturm der Bauphase um 1200 stand, so ist er mit einer Buckelquaderschale anzunehmen.
Interessant ist die kompakte Südwestwand des dreigeschossigen Wohnbaus zwischen Palas und Südturm, die lediglich Öffnungen für zwei Abtrittöffnungen im Obergeschoss aufweist. Die Fenster lagen allesamt zur Hofseite.

Lindelbrunn (1317) aus Südosten
Im Süden der Burganlage erhebt sich ein mächtiger Felsstock. Nach Walter Hotz soll hier einst ein runder Wehrturm gestanden haben, von dem aber keine aufragenden Reste mehr sichtbar sind. Eine in den Felsstock gemeißelte Felsenkammer war möglicherweise früher eine unterhalb des Rundturmes angelegte Wächterkammer für die Torwache. Auf die Existenz eines Wehrganges zwischen Turm und Kapelle deuten zahlreiche dort vorhandene Balkenlöcher hin.

Östliche Längsseite der Burg Lindelbrunn (1317) mit altem Burgzugang
Zur Erbauungszeit gegen Mitte des 12. Jh. führte der Aufgang zur Oberburg über einen Felstunnel auf der Ostseite, der in 15 Stufen in den Burghof hinauf führt. Am äußeren Einstieg deuten systematisch angeordnete Balkenlöcher darauf hin, dass hier einst wohl ein hölzerner Vorbau war, der mit einer beweglich entfernbaren Leiter als Burgzugang diente. Dieser alte – nur für Personen geeignete – Burgzugang wurde um 1200 aber bereits durch einen neuen Torweg abgelöst, der mit Fuhrwerken befahrbar war, und durch ein unteres und ein oberes Burgtor gesichert war.

Lindelbrunn (1317) aus Nordosten mit Torweg und Torzwinger
Der Burgweg führt unter einem Felsüberhang weiter nach Nordosten. In der Hälfte dieses Wegstücks entlang der östlichen Felsseite befindet sich eine hochgelegene Pforte, die den Einstieg in einen zum Burghof führenden Treppentunnel markiert. Hierbei handelt es sich vermutlich um den ersten Burgzugang aus der ersten Bauphase Mitte des 12. Jhs, der mit einem hölzernen Vorbau versehen war.

Lindelbrunn (1317) Torzwinger (Closeup)
Der Burgweg führt unter einem Felsüberhang weiter nach Nordosten und schwenkt noch vor der Felsspitze serpentinenartig nach Süden. Hier befand sich das Untere Burgtor. Eine steile Rampe führt bergaufwärtss zum oberen Burgtor. Eine Mauer an der Ostkante der Rampe zwischen den beiden Toren machten diesen Bereich quasi zum Torzwinger. Im oberen Abschnitt der Rampe sind mehrere Treppenstufen traversierend in den Hang gemeißelt. Sie gaben den Fuhrleuten Halt, wenn es galt, das letzte Steiltück mit Fuhrwerken zu passieren.

Lindelbrunn (1317) südliche Kernburg aus Osten
Der dreigeschossige Wohnbau in der Bildmitte zählt mit seinem sakralen Anbau auf der Nordwestseite zu den ältesten Gebäuden der Burg. Er war unterkellert und von Osten zugänglich. Fenster finden sich nur auf der Ost- und der Hofseite.
Die weitere Überbauung des südlichen Felsstocks ist nicht eindeutig geklärt. Lehmann vermutete einen unterkellerten Rundturm.
Die freistehende St. Nikolaus Kapelle war in den Bering einbezogen und direkt an den scharf abfallenden Ostfels gesetzt. Ihre Ostseite zierte eine 1,5 x 3m messende Apsis.

Lindelbrunn (1317) Kapelle aus Westen (Vogelperspektive)
Die freistehende St. Nikolaus Kapelle hat einen Grundriss von 8 x 8m und befindet sich unmittelbar hinter dem oberen Burgtor. Links (nordlich) der Kapelle befindet sich eine Felstreppe, die möglichweise einen früheren Zugang zur Felsenburg Lindelbrunn markiert. Eine Zisterne zwischen Wohnbau und Kappelle diente der Wasserversorgung der Kernburg.

Lindelbrunn (1317) dichte Hofbebauung
Wer heute als Besucher die Kernburg von Lindelbrunn betritt, nimmt eine großzügige Freifläche mit nur wenigen Mauerresten wahr. Der Schein trügt. Das Gipfelplateau war einst dicht bebaut., wobei die meisten der Gebäude abgegangen sind. So sind von den beiden Türmen keinerlei erkennbare Spuren vorhanden.

Lindelbrunn (1317) Bergfried aus Südwesten (Vogelperspektive)
Der Burghof wirkt heute großzügig. Es zeugen nur noch wenige (modern restaurierte) Mauerreste von der einstmaligen Überbauung der inneren Burg. Auf dem höchsten Punkt des Burgfelsens, dicht neben dem oberen Burgtor, stand einstmals ein rechteckiger Bergfried mit Buckelquaderschale, so jedenfalls vermutete Werner Bornheim. Klarheit könnte nur eine weitere Grabung im Burghof schaffen.

Lindelbrunn (1317) Bergfried aus Nordwesten
Auf dem höchsten Punkt des Burgfelsens, heute ein Schutthügel, stand einstmals ein rechteckiger Bergfried mit Buckelquaderschale, so jedenfalls vermutete Werner Bornheim Schilling. Klarheit könnte nur eine weitere Grabung im Burghof schaffen.
Ich habe den Bergfried so gestaltet, wie er zur staufischen Zeit typischerweise anzutreffen war. Er ähnelt damit den Bergfrieden der Burgen Landeck und Scharfenberg mit hoher Pforte zur feindabgewandten Seite, einer kompakten Bauweise mit wenigen schmalen Lichtschlitzen. Der Zinnenkranz und ein umlaufend Fries sind frei gestaltet. Ob der Turm überdacht war, ist ebenfalls nicht mehr zu klären.

Lindelbrunn (1317) aus Nordwesten
Die Nordwestseite der Burg Lindelbrunn wird durch ein zweigeschossiges Wohngebäude bestimmt. Der Aborterker ist heute noch fast vollständig erhalten und einzigartig im pfälzer Raum.
Die Fenstergewände und Sitzbänke in den Fensternischen wurden vermutlich im 15. Jh noch vergrößert.
Nach Nordosten (links) schließt sich ein Wirtschaftsgebäude an, möglicherweise ein Stall. Der gesamte Nordkante des Felsplateaus war mit einer Ringsmauer umgeben.

Bebauung des nordöstlichen Felsplateaus von Burg Lindelbrunn (1317)
Der nordöstliche Bereich der Burganlage ist weniger prachtvoll ausgestaltet als die südwestliche Schauseite. An den zweigeschossigen Wohnbau im Nordwesten (Abb. rechts) schließt sich nach links eine Stallung an, die in die Ringmauer übergeht. Der weitere Teil des Felsplateaus ist von einer Ringmauer umgeben, an deren Innenseite vermutlich kleinere Bauten angelehnt waren, die heute aber weitgehend abgegangen sind.
Auf dem höchsten Punkt des Burgfelsens stand vermutlich ein rechteckiger Bergfried mit Buckelquaderschale, dessen Reste heute unter einem Schutthügel verborgen sein sollen.
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