Die Felsenburg Berwartstein
Ein besonderer Typ des mittelalterlichen Wehrbaus ist die Felsenburg. Der Burgenforscher Otto Piper verwendete die Bezeichnung Felsenburg für Burganlagen, die über künstlich aus dem Burgfelsen ausgehauene Hohlräume verfügen. Besonders häufig ist dieser Burgtyp dort anzutreffen, wo weiches Gestein das Aushöhlen des (Burg-)Felsens begünstigte. Die Sandsteinriffe der Pfalz, insbesondere des Wasgaus, boten beste Voraussetzungen für den Bau von Felsenburgen.
Im Unterschied zu “gewöhnlichen” Höhenburgen, die den anstehenden Fels als Untergrund für die einzelnen Bauten nutzen, wurde bei Felsenburgen die gesamte Anlage in den Fels, auf den Fels und um den Fels herum umgesetzt. Auch auf Burg Berwartstein bestätigt sich diese Charakteristik, wobei zudem im ausgehenden 15. Jahrhundert ein aufwändiges Tunnelsystem mit zwei Katakomben entstand, durch welches drei der fünf Kanonenrondelle miteinander unterirdisch verbunden wurden – eine für die Zeit revolutionär moderne Festungsbauweise, die erst später in den Festungswerken des 19. und 20. Jahrhunderts zum Standard wurden.
Burg Berwartstein zählt zu größten der pfälzer Felsenburgen. Ihr Burgfelsen misst in Länge – Breite – Höhe etwa 100m x 8m x 50m (Abb. 1). Der südliche Felsabschnitt, auf dem die Oberburg steht, misst etwa 40m in der Länge.
Schon die Burganlage der Gründungszeit in der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts nutzte eine teilweise natürliche Felsöffnung im Nordosten für einen schachtartigen Eingangstunnel als Haupteingang der Burg (Abb. 2). Die untere Öffnung des Schachts entstand vermutlich erst während der Belagerung von 1314, als die Belagerungskräfte der Städte Hagenau und Straßburg die Unterminierung der Oberburg mit Erfolg betrieben.
Das Innere des Aufgangssollens (Abb. 3) war vermutlich mit Holzgerüsten ausgekleidet. Einzelne Quellen geben an, dass der Auf-/Abstieg mittels Strickleitern und Korbaufzügen erfolgte. Ich bezweifle das, da dies zu beschwerlich gewesen wäre. Ich vermute, dass unten im Felskamin eine hochziehbare Holzleiter war, über der sich eine (stabilere) Holztreppe anschloss.
Die Wasserversorgung im Belagerungsfall, wie auch im Alltag, war bei Felsenburgen, wie dem Berwarstein, generell ein Problem. Schon früh hat sich der Burgherr entschlossen, eine Brunnenbohrung innerhalb des Burgfelsens vorzunehmen (Abb. 4). Damit wurde er von anderen externen Zuführungsarten (Zisterne, Wasseresel) unabhängig und im Belagerungsfall war die Wasserversorgung sichergestellt. Die Röhre ist 104 Meter tief und hat über die gesamte Länge einen Durchmesser von 2 Metern. 50 Jahre hat man dafür benötigt. Das Wasser wurde vermutlich mit einer Haspel/Winde gefördert und in Eimern zu den Verbrauchern in die daneben liegende Küche (Abb. 5) und in die Oberburg gebracht. Das Wasserschöpfen war eine mühselige Arbeit. Ich halte es für nicht ausgeschlossen, dass die Förderung mithilfe eines Tretrades, ähnlich wie auf Burg Meistersel, erfolgte. Der Brunnenraum auf Burg Berwartstein hätte hierfür ausreichend Platz geboten.
Ein in den Fels gemeißelter Treppenaufgang (Abb. 6) , beim Neuaufbau 1894 ergänzt durch Holztreppen, führte vom Brunnenraum in die Oberburg.
Eine kleine museale Felskammer zeigt einen Steinmetz mit typischen Gerätschaften bei der Arbeit (Abb. 7).
Das Tunnelsystem im Felssockel der Unterburg entstand erst im ausgehenden 15. Jahrhundert, als die Burg zur Kanonenburg aufgerüstet wurde (Abb. 8).
Vollständig abgegangene, an den Balkenlöchern im Felssockel der Unterburg nachweisbare, Fachwerkbauten nutzen den Burgfelsen als Rückwand (Abb. 9).
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