Die Felsenburg Meistersel
Ein besonderer Typ des mittelalterlichen Wehrbaus ist die Felsenburg. Der Burgenforscher Otto Piper verwendete die Bezeichnung Felsenburg für Burganlagen, die über künstlich aus dem Burgfelsen ausgehauene Hohlräume verfügen. Besonders häufig ist dieser Burgtyp dort anzutreffen, wo weiches Gestein das Aushöhlen des (Burg-)Felsens begünstigte. Die Sandsteinriffe der Südpfalz boten beste Voraussetzungen für den Bau von Felsenburgen.
Im Unterschied zu “gewöhnlichen” Höhenburgen, die den Fels (nur) als Untergrund für die einzelnen Bauten nutzten, wurde bei Felsenburgen die gesamte Anlage in den Fels, auf den Fels und um den Fels herum umgesetzt.
Burg Meistersel gilt als Musterbeispiel für eine kleine Felsenburg. Sie folgt dem für diesen Burgtyp charakteristischen Bauschema:
-
- Oberburg auf einem schmalen Felsgrad (Abb. 1)
- Räumliche Enge erfordert eine hohe Bebauung (Abb. 2)
- Aufgang zur Oberburg nur über eine schmale und leicht zu verteidigende Treppe (Abb. 3)
- Verzicht auf starke Verteidigungswerke (insb. Wehrtürme)
- Zisterne(n) (Abb. 4)
und / oder Brunnen (Abb. 5) zur Wasserversorgung - In den Fels geschrotete Keller und Funktionsräume (Abb. 6, 7)
- An den Kernfelsen angelehnte Zusatzbauten einer kleinen Unterburg in Fachwerkbauweise (Abb. 8, 9)
Der Burgfelsen von Meistersel ist 15 m hoch und misst etwa 50 x 9 m . Im Süden verengt er sich sogar auf knapp 4 m . Da blieb nicht viel Platz für die Errichtung flächiger Bauten. Vielmehr bestand der Zwang, schmal und in die Höhe zu bauen sowie den Fels für die Auslagerung von Funktionsräumen auszuhöhlen. Hier ist insbesondere die große Felsenkammer unter dem südlichen Palas anzusprechen, die den Zugang zum Burgbrunnen eröffnete und ein Tretrad für die Wasserförderung in die Oberburg aufnahm (Abb. 5, 6). Mehr dazu im Kapitel Wasserversorgung auf Burg Meistersel.
Eine in den Fels gemeißelte Felsentreppe verbindet die Unter- mit der Oberburg (Abb. 3) . Die Treppe ist recht schmal und (heute) in der Mitte gemauert. Dies lässt vermuten, dass der Aufweg im Hochmittelalter unterbrochen und mit einem hochziehbaren hölzernen Steg überbrückt war. Im oberen Bereich durchbricht die Felsentreppe einen Felsüberhang der Oberburg. Dadurch entstand ein kleiner, tunnelartig gedeckter, Aufgang. Es ist zu vermuten, dass hier noch ein zweites Tor den Zutritt zur Oberburg sicherte. Der schmale Treppenweg konnte durch einen Wächter verteidigt werden.
Im nördlichen Bereich des Oberburgfelsens ist heute noch eine in den Fels geschrotete Zisterne (Abb. 4) zu erkennen. Auch hierzu mehr im Kapitel Wasserversorgung
Angelehnt an den Kernfelsen waren auf Meistersel weitere Wohn- und Funktionsbauten vorhanden. Ihre Lage lässt sich heute (nur) noch an Balkenlöchern oder -auflagen im Kernfelsen erkennen (Abb. 8, 9). Aus einer Teilungsurkunde des Jahres 1407 wissen wir, dass sich an der Westseite des Kernfelsens ein Stall befunden hat, der in der Urkunde “helle” und “stale” genannt wurde. Da in den Urkunden die Steingebäude als “steynen gehuse” oder “steynern husz” dezidiert angesprochen sind, ist für die übrigen Bauten eine Fachwerkbausweise anzunehmen.
Neben dem Felsenkeller unter dem Palas der südlichen Oberburg ist weiterhin ein tonnengewölbter großer Keller unter dem “steynen gehuse” aufzuführen (Abb. 7). Er ist über eine in den Felsen gehauene Treppe an der Nordwestseite des Gebäudes zu erreichen. Interessant ist, dass im hinteren Drittel eine in den Boden gemeißelte Rinne zu erkennen ist, über die vermutlich eingedrungenes Wasser oder Kondenswasser nach Außen abgeführt wurde.