Das Waffeninventar von 1610
Das 1992 von Rolf Übel im Staatsarchiv Wertheim entdeckte “Inventarium des Rampergischen Hausraths” vom 31. Oktober 1610 ist die einzige bekannte Quelle, die Auskunft über die Bewaffnung der Burg gibt, zumal in der ruinösen Anlage selbst keinerlei Reste von Schießscharten auszumachen sind, die Rückschlüsse auf die in der Burg vorhandenen Waffentypen zulassen. Möglicherweise hatte der verheerende Brand von 1560 frühere Urkunden und umfangreichere Waffenbestände zerstört. Gleichwohl enthält das oben erwähnten Inventar auch ein Raumverzeichnis mit einem Raum, der neben dem “Geschütz” lag. Gab es also auf Ramburg doch eine Kanone? Eindeutige Antwort: Nein. Alleine, dass das Waffenverzeichnis zusammen mit dem rambergischen Hausrat und nicht in einem eigenständigen Verzeichnis erfasst ist, belegt die untergeordnete Bedeutung der Waffentechnik auf der Burg.
Nun muss man noch wissen, dass der mit der Aufzeichnung befasste Buchhalter, der im übrigen bereits 1600 das Waffeninventar von Neuscharfeneck aufgestellt hatte, kein Waffenkundiger war. Seine Bezeichnungen benennen die Waffen nicht nach dem Typ, sondern nach ihren optischen Merkmalen. Das den Waffen zugeordnete Zubehör lässt aber brauchbare Rückschlüsse auf den Typ zu.
Das Waffeninventar von 1610 umfasste demnach an Hauptwaffen
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- 4 “gemeine doppelhacken” = 4 Hakenbüchsen
Doppelhaken (auch “Ganzer Haken” genannt) gehören zu den Pulverhandwaffen mit einem namensgebenden Haken zur Rückstoßdämpfung. Es dürfte sich hierbei um Hakenbüchsen der 2. Generation gehandelt haben. (Details siehe im Akkordeon rechts).
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- 2 “gar lange rohr, größer als doppelhacken mit iro kugelformen”
= 2 Doppeklhaken in Langrohrausführung
- 2 “gar lange rohr, größer als doppelhacken mit iro kugelformen”
… mit “gar lange rohr ..” beschreibt einen Doppelhaken, welcher mit einem Rohr, das wesentlich länger als bei normalen “gemeinen” Doppelhaken war, aufwartete. Ob er auch größere Kaliber verschoss, muss bezweifelt werden, da es nur eine Sorte Kugelzangen gab, die auf eine einheitliche Munition für 4-Lot-Geschossgewicht schließen lässt.
… mit “kugelformen” werden in neuhochdeutsch “Kugelzangen” beschrieben. Abbildung siehe rechts.
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- 6 “geschutzen mit sechs Gabeln ” = 6 Lunten(schloss)musketen
Der Begriff “geschutz” ist nicht mit Artilleriestücken, sondern mit “Feuerwaffen” gleichzusetzen, weil Angaben über eine Lafettierung fehlen und auf der Burg keine Geschützstände verzeichnet sind. Zudem kann man anhand des aufgelisteten Zubehörs (“zundstrick”, “gabel”, “dreyeckige pulverfleschen”) auf eine Luntenmuskete schließen.
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- 6 großen dreyeckige pulver-fleschen und 4 klein pulverflesch …
Diverses Zubehör zur Rohrreinigung, z.B. Bürsten oder Putzlappen, Pulverzangen und Pulverflaschen bzw -säckchen und Ladestecken.
Pulverwaffen mit Zubehör auf der Ramburg
Die hier abgebildeten sind weiterentwickelte Büchsen der 2.Generation mit besser gearbeiteten Schäften. Die Bezeichnung als “Hakenbüchse” kommt davon, dass auf der Unterseite ein Haken angebracht war, den man beim Anschlag so in der Mauer einhängte, dass der Rückstoß beim Abfeuern der Waffe abgefangen wurde.
Der Haken eignete sich aufgrund seines relativ hohen Gewichts, das bei Waffen der 2. Generation immerhin noch 15-20 kg betrug, und seiner Schwerfälligkeit ausschließlich als Verteidigungswaffe.
Die Hakenbüchse hatte noch keine Visiereinrichtungen (Kimme, Korn). Verschossen wurde aus ihnen eiserne Kugeln, Bleikugeln oder eiserne mit Blei ummantelte Kugeln.
Der Haken hatte eine wirksame Reichweite von 200m gegen Ungepanzerte, gegen Geharnischte ca. 100m.
Doppelhaken gehören mit zu den ältesten Feuergewehren und lagen auf einem Gerüst mit 3 Füßen, oder einem Bock, um den gewaltigen Rückstoß aufzufangen.
Das Rohr des “langrohrigen” Doppelhakens misst 1 ,5 – 2 Meter und wurde entweder auf einem häufig mit Eisenspitzen versehenen Fuß gestützt oder auf einem Bock mit Rollrädern, wozu jedoch kleine Schildzapfen am Rohr erforderlich gewesen wären. Oder aber man legte den Doppelhaken nur auf die Brüstung der Mauer auf. Der Doppelhaken besaß keine Visiereinrichtungen (Kimme, Korn).
Verschossen wurde aus ihnen eiserne Kugeln, Bleikugeln oder eiserne mit Blei ummantelte Kugeln. Auf der Ramburg darf von Bleikugeln ausgegangen werden, die schon bei Temperaturen von 127 °C geformt werden können, während eiserner Kugeln erst bei 1540° schmelzen und somit zu kaufen und zu bevorraten waren.
Der Doppelhaken hatte eine wirksame Reichweite von 200m gegen Ungepanzerte, gegen Geharnischte ca. 100m.
Die Muskete entwickelte sich bis ins 17.Jhdt. schrittweise zur Hauptwaffe der Infanterie (“Musketiere”) und löste damit die Arkebuse ab. Die Muskete war länger als die Arkebuse (“Halber Haken”) und konnte somit eine höhere Geschossgeschwindigkeit erzielen, was einherging mit einer Erhöhung der Reichweite und der Treffgenauigkeit.
Sie verschoss Kugeln von 60g aus einem Rohrkaliber von ca. 20mm.
Auf Ramburg gab es 6 dieser Gewehre nebst Zubehör.
Kugelzange aus Stahl (Foto Veste Coburg)
Derartige Kugelzangen sind im rambergischen Inventar von 1610 erwähnt. Es sollen 2 Zangen vorhanden gewesen sein. Hierbei handelt sich um eine Vorrichtung zum gleichzeitigen Gießen von 10 Kugeln; Formen in Reihe angeordnet; Einfüllöffnungen über eine Gussrinne miteinander verbunden.
Rechts: ausgelöstes Rohprodukt mit Überguss und Graten und endbearbeitete Kugeln;
Gewicht der abgebildeten Zange: 980 gr. iI der Gussform: ein Satz Rohkugeln; Kal.: 18 mm Kugelgewich; In der Gußform: ein Satz Rohkugeln;
Die im rambergischen Inventar von 1610 erwähnten “dreyeckige Pulverfleschen” könnte so ähnlich , jedoch unverziert, ausgesehen haben.
Abb.: links: Pulverflasche mit Zündkrautflasche (Veste Coburg) . Holzkörper mit Eisenberahmung; Gusshals konnte für das Pulvermaß genutzt werden. Rechts: Zündkrautflasche für das feine Pulver der Zündpfanne