Frühe Geschützarten für Stein- und Bleikugeln (14.-15./16.Jh.)

Bereits im 15. Jahrhundert gab es ein variantenreiches Waffenarsenal.


Die Namensgebung der verschiedenen Büchsen (auch “Stücke” genannt) war keineswegs ein-eindeutig. Die Geschützbezeichnungen bezogen sich zu dieser Zeit auf die Hauptcharakteristik des Stücks, z.B. auf

    • die Art des Geschosses: Lotbüchse, Steinbüchse, Hagelbüchse
    • den Einsatzzweck:
      • Langrohrige “Kartaunen” sind überwiegend Belagerungsgeschütze, während
      • kurzrohrige Kartaunentypen (meist Halb- oder Viertelkartaune) auch als Festungsartillerie eingesetzt wurden.
      • “Metzen” sind schwere Mauerbrecher und gehören zu den frühen Belagerungskanonen.
      • “Feldschlangen” sind beweglich auf hohen Rädern lafettierte Stücke mit offensivem Charakter. Sie wurden mit Pferdegespannen zu ihren Einsatzorten gezogen.
      • Kurzrohrige Schlangen (z.B. Falkonets) wurden als Feld- und Festungsartillerie eingesetzt, dort dann meist auf Dachplattformen.
    • das Kaliber und das Geschossgewicht: Viertelkartaune, Achtelschlange u.v.m.
    • die Art der Lafettierung: Legestück, Karrenbüchse , Wagenbüchse, Kasemattlafette, Klotzbüchse, Bockbüchse
    • die Art des Ladens: Kammerbüchse (Hinterlader), Vorderlader. Mischvarianten sind möglich. So kann eine Kammerbüchse zugleich eine Steinbüchse sein oder die Lotbüchse synonym mit einem Doppelhaken (Handwaffe), sofern er Blei verschoss, bezeichnet werden.

Nachbau der Pfeilbüchse von 1326/27

Nachbau des Feuertopfes nach Geschützminiaturen des Milemète Codices von 1326/7.   Creative Commons Lizenz
Quelle: http://www.maquetland.com/article-phototheque/4230-militaria-moyen-age-canon-1326-walter-de-milemete-londres

Die frühesten Feuerwaffen waren nach den bisher ausgewerteten Sach- und Schriftquellen kleine vasenförmige Gebilde aus Metall, die Pfeile, aber auch Kugeln verschießen konnten. Schon in den 1340er Jahren scheint die Kenntnis und die Verbreitung der Pfeilbüchse verbreitet gewesen zu sein.

Die Büchse wurde aus Eisen oder Bronze gegossen. Sie war 1 bis 1,20 m lang, an der breitesten Stelle 40 cm und an der schmalsten 15 cm breit. Als Munitiondienten zunächst große Eisen- und Brandpfeile („Kugelpfeile“ oder auch „Büchsenpfeile“ genannt) deren Schäfte mit Leder als Treibspiegel umwickelt wurden. Später wurden Kugeln aus Stein, Blei oder Eisen verwendet. In den meisten Fällen kamen harte, knapp 4 Pfund schwere Steinkugeln zum Einsatz. Sie waren leichter als Eisenkugeln, dadurch war der Rückstoß und die Gefahr, dass eine Kanone explodierte, geringer. Steinerne Kanonenkugeln waren billiger und beim Aufprall flogen als Nebeneffekt rasiermesserscharfe Steinsplitter im Zielgebiet herum. Gezündet wurde der Feuertopf über ein Zündloch mittels eines Luntenstocks. Die Reichweite betrug etwa 300 m. Der Feuertopf war keine Präzisionswaffe, er traf nur ungefähr, dafür konnte ein Treffer mehrere Krieger auf einmal das Leben kosten.

Um die Mitte des 14.Jahrhunderts gesellten sich zu diesen Pfeilbüchsen die kompakteren, auch als Handfeuerwaffen tauglichen Lotbüchsen, die Bleikugeln verschossen.

Mit Lotbüchsen des 14./15. Jahrhunderts wurden Geschosse aus Blei (Lot) mit Kaliber von 3 cm bis 15 cm verschossen, was einem Kugelgewicht von 0,5 bis 16 Pfund entspricht. Von den größeren Lotbüchsen hießen die längeren Schirmbüchsen, nach den beweglichen Holzschirmen bei Belagerungen, die mit kürzeren Rohren nannte man anfangs Tarrasbüchsen.

Während Haken/Doppelhaken zu den Pulverhandwaffen zuzurechnen sind, gelten nachfolgend genannte Lotbüchsen bereits zur Artillerie:

    • Eine “Achtelschlange” (Falkonet) verschoss als Einpfünder 32 Lot Blei mit einem Kaliber von 50mm.
    • Ein “Serpentinell” (auch (Feld-)Schlängelein) verschoss ein Geschossgewicht von 16 Lot bzw. 1/2 Pfund mit einem Kaliber von 28mm.
    • Ein “Viertelpfünder verschoss demnach 8 Lot Blei .
Rohr mit Kammer einer (kleinen) Kammerbüchse wog nur etwa 50 bis 60 Kilogramm und verschoss mit von Blei überzogene Steinkugeln mit 6 bis 7 cm Durchmesser. Das zugehörige Kammerstück fehlt allerdings.

Kammerbüchsen (Kammerstücke) sind Hinterladegeschütze, die bis etwa Mitte des 16.Jahrhunderts in Gebrauch waren. Die lose Ladebüchse, die das Pulver enthät, nennt man “Kammer“. Es gibt sie entsprechend der Größe in unterschiedlichen Ausführungen. Aufgrund des geringen Platzbedarfs beim Ladevorgang war dieser Geschütztyp hervorragend für den Kampf aus Kasematten (im Festungskampf) geeignet.

Das Rohr mit Kammer einer (kleinen) Kammerbüchse, so wie im Informationszentrum der Hardenburg ausgestellt, wog nur etwa 50 bis 60 Kilogramm und wurde mit Blei überzogenen Steinkugeln von 6 bis 7 Zentimetern Durchmesser bestückt. Ihr Schmiederohr besteht aus mehreren Lagen dünn geschlagenen (geschmiedeten) Eisens, wobei die Rohrmündung und das Ende durch einen doppelten bzw. langen Ring verstärkt sind. Dazwischen sind in nicht vollständig gleichen abständen weitere Ringe herumgelegt.  In diese Röhre wird das Kammerstück, das aus einer Masse geschmiedet ist, eingeschoben. Die Kammer ist natürlich enger als das Rohr. Die Größe ist auf die Pulverqualität, das Rohrkaliber, die Rohrlänge und das Gewicht des Geschosses abgestimmt.

Die im Besucherzentrum der Hardenburg ausgestellte Kammerbüchse war leicht und daher beweglich und der Ladevorgang ging schnell. Sie verfügt noch nicht über Schildzapfen, sondern wurde mit Stahlbändern auf er Lafette fixiert.

Leichte Steinbüchse auf Radlafette (15. Jh)

Leichte Steinbüchse auf Radlafette (15. Jh)

Bevor das genormte Kalibersystem für Artilleriewaffen ab 1550 eingeführt wurde, hat man Steinbüchsen nach ihrer Größe bezeichnet:

Aus ihnen wurden Steinkugeln verschossen, die für jedes Geschütz spezifisch angepasst wurden. Die Steinkugeln wurden von Steinmetzen vor Ort aus Rohlingen (end-)gefertigt.

Charakteristisch für Steinbüchsen ist die Zweiteilung in Kammer und Flug. Die Kammer wurde mit Schwarzpulver gefüllt. Der Flug nahm die Steinkugel auf. Die Treffgenauigkeit einer Steinbüchse war gerade wegen des kurzen Rohres und des Fehlens von Zieleinrichtungen gering.

Legestück, auf Holzrahmen verspannt, Anfang 15. Jh

Das Legestück ist ein Rohrgeschütz (schwere Steinbüchse oder Hauptbüchse) des 14./15. Jahrhunderts und kam ausschließlich als Belagerungswaffe zum Einsatz. Es war aus Eisen geschmiedet und besaß noch keine Zapfen für die Bettung auf einer Lafette. Vor ihrem Einsatz musste zunächst ein Holzrahmen gezimmert und das Geschütz darin fixiert werden oder man sicherte es am rückwärtigen Ende mit in den Boden getriebenen Holzpflöcken zum Ausrichten und Abfangen des Rückstoßes. Kleinere Legestücke wurden zusammen mit der Holzverschalung an den Einsatzort transportiert.

Holzrahmen für ein schweres Legestück
Quelle: Feuerwerksbuch des Martin Merz 1450
Kleingeschütz in Lade / auf Blocklafette (15. Jh) QUelle: Zeugbuch Maximilian I.; Creative Commons: https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/

Es sind unterschiedliche Definition im Umlauf. Auf dieser Seite wird im Folgenden unter Klotzbüchse ein kleineres, auf einer Lafette fixiertes Geschützrohr, verstanden und damit die Art der Geschützbettung als namensgebend herangezogen.

Eine kleine Steinbüchse oder eine Lotbüchse (in beiden Fällen mit dem Grundmaterial der Kugel als namensgebendes Kriterium) können also durchaus zugleich eine Klotzbüchse sein.

Auch die Tarrasbüchse ist ein kleines Steingeschütz bis max. 2 Pfund Geschossgewicht, welches auf Burgen für den Hagelschuss eingesetzte wurde.

Tarrasbüchse 

aus: Rüst- und Feuerwerksbuch (gemeinfrei).

Abb.1    Zitierlink digi.ub.uni-hd

Es gab mehrere Arten von “Orgeln”, je nachdem wie die Rohre miteinander auf dem Gestell verbunden waren.

Im 15. Jh. legte man noch häufig 6-8 Rohre auf ein kastenförmiges Gerüst nebeneinander. (..) “wenn man das eine losbrannte, sind alle zumal losgegangen“.

Im 17. Jh. war die Fertigungstechnik bereit so vorangeschritten, dass mehrere Rohre in einer Reihe und mehrere Reihen übereinander reihenweise abfeuerbar waren. In der auf Veste Coburg ausgestellten Orgelbüchse (Abb.2) sind sogar 7 * 7 Rohre auf eisernem Rahmen und auf einer Wandlafette montiert. Jeweils eine Reihe war horizhontal abfeuerbar. Die einzelnen Reihen besaßen unterschiedliche Kaliber. Das Gewicht des Geschützes betrug 500kg.

 

Im Gegensatz zu den vorgenannten Legestücken war die “Wagenbüchse” bzw. die “Karrenbüchse” als Feldgeschütz mobil einsetzbar. Bei der Benennung des Geschütztyps zog man die Art der Beweglichkeit, z.B. des Fuhrwerks, heran.

Im Neuscharfenecker Waffenverzeichnis von 1600 ist die Existenz einer “gross schlang uff karch”, welche zum Schutz vor der Witterung im Stallgebäude der Vorburg stand.

Schwere Steinbüchse Hauptbüchse genannt Der Strauß aus: Zeugbuch Maximilian I.

Hauptbüchsen bzw. Hauptstücke gehören der schwersten Geschützkategorie der Belagerungsartillerie an. Sie hatten ein kurzes dickes Rohr aus drei Zylindern, der mittlere war der dickste. Die Hauptbüchse verfügt noch nicht über Schildzapfen, sondern wurde mit mindestens vier starken Ringen gehalten.

Die Hauptbüchsen unter Kaiser Maximilian I. trugen malerische Namen wie “Der Strauß”, “Der Leo”, “Tirolerin”, “Weckauf”

    • Kugelgewicht in Stein über 100 bis 730 Pfund (!)
    • Kaliber bis 80 cm
    • Rohrlänge ab 3,6 m
    • Rohrgewicht von über 92 Zentner
    • Keine Lafette, Montage einsatzbezogen auf Holzgestell.

Oft reichte schon der Anblick eines dieser Geschütze, um einen Verteidiger zu demoralisieren und zur Übergabe zu veranlassen.

Viertelbüchse für der Verschuss von 10-pfündigen Steinkugeln mit Durchmesser 17 cm) aus: Zeugbuch Kaiser Maximilians I. – BSB Cod.icon. 222, Innsbruck, um 1502 http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00020956-6

Die noch bis zur Zeit des Maxilian I.  hergestellten Viertelbüchsen wurden vom Typus der Kartaune abgelöst. Namensgebend für diesen Geschütztyp “Viertelbüchse” ist das  Steingewicht der zu verschießenden Kugel. Diese hatte einen Durchmesser von ca. 17cm. Der Flug des Steingeschützes übertraf die Rohrweite der 24-pfündigen Halbkartaune um 2cm und erreichte fast das Kaliber einer Ganzkartaune.

Für den Hagelschuss wurden jedoch keine Steinvollkugeln, sondern bis zu 20 Pfund Hackblei oder Arkebusenkugeln geladen.

Viertelpfünder fanden auch Einsatz auf pfälzischen Burgen.

    • Laut E. Braun stand in der Schildmauer von Neuscharfeneck möglicherweise ein  10-Pfünder (oder eine Viertelkartaune) auf einer vierrädrigen Kasemattlafette in einer der großen, dort 1472 angelegten, Kasematten. 
    • In der Schildmauer des Nansteins standen zwei 10-Pfünder auf  vierrädrigen Kasemattlefetten in den dort 1518 angelegten Kasematten, um vorgedrungenes Fußvolk auf kurze Distanz mit einem Hagelschuss zu zerschlagen.
    • In der Kellerebene des Großen Rondells auf Burg Nanstein stand ebenfalls eine 10-Pfünder Steinbüchse als schwere Waffe – vermutlich auf einer Radlafette wie oben abgebildet – für den Naheinsatz, z.B. mit Hagelschuss (Streuladung).

Bereits im 15. Jahrhundert gab es ein variantenreiches Waffenarsenal.


Die Namensgebung der verschiedenen Büchsen (auch “Stücke” genannt) war keineswegs ein-eindeutig. Die Geschützbezeichnungen bezogen sich zu dieser Zeit auf die Hauptcharakteristik des Stücks, z.B. auf

    • die Art des Geschosses: Lotbüchse, Steinbüchse, Hagelbüchse
    • den Einsatzzweck:
      • Langrohrige “Kartaunen” sind überwiegend Belagerungsgeschütze, während
      • kurzrohrige Kartaunentypen (meist Halb- oder Viertelkartaune) auch als Festungsartillerie eingesetzt wurden.
      • “Metzen” sind schwere Mauerbrecher und gehören zu den frühen Belagerungskanonen.
      • “Feldschlangen” sind beweglich auf hohen Rädern lafettierte Stücke mit offensivem Charakter. Sie wurden mit Pferdegespannen zu ihren Einsatzorten gezogen.
      • Kurzrohrige Schlangen (z.B. Falkonets) wurden als Feld- und Festungsartillerie eingesetzt, dort dann meist auf Dachplattformen.
    • das Kaliber und das Geschossgewicht: Viertelkartaune, Achtelschlange u.v.m.
    • die Art der Lafettierung: Legestück, Karrenbüchse , Wagenbüchse, Kasemattlafette, Klotzbüchse, Bockbüchse
    • die Art des Ladens: Kammerbüchse (Hinterlader), Vorderlader. Mischvarianten sind möglich. So kann eine Kammerbüchse zugleich eine Steinbüchse sein oder die Lotbüchse synonym mit einem Doppelhaken (Handwaffe), sofern er Blei verschoss, bezeichnet werden.

Nachbau der Pfeilbüchse von 1326/27

Nachbau des Feuertopfes nach Geschützminiaturen des Milemète Codices von 1326/7.   Creative Commons Lizenz
Quelle: http://www.maquetland.com/article-phototheque/4230-militaria-moyen-age-canon-1326-walter-de-milemete-londres

Die frühesten Feuerwaffen waren nach den bisher ausgewerteten Sach- und Schriftquellen kleine vasenförmige Gebilde aus Metall, die Pfeile, aber auch Kugeln verschießen konnten. Schon in den 1340er Jahren scheint die Kenntnis und die Verbreitung der Pfeilbüchse verbreitet gewesen zu sein.

Die Büchse wurde aus Eisen oder Bronze gegossen. Sie war 1 bis 1,20 m lang, an der breitesten Stelle 40 cm und an der schmalsten 15 cm breit. Als Munitiondienten zunächst große Eisen- und Brandpfeile („Kugelpfeile“ oder auch „Büchsenpfeile“ genannt) deren Schäfte mit Leder als Treibspiegel umwickelt wurden. Später wurden Kugeln aus Stein, Blei oder Eisen verwendet. In den meisten Fällen kamen harte, knapp 4 Pfund schwere Steinkugeln zum Einsatz. Sie waren leichter als Eisenkugeln, dadurch war der Rückstoß und die Gefahr, dass eine Kanone explodierte, geringer. Steinerne Kanonenkugeln waren billiger und beim Aufprall flogen als Nebeneffekt rasiermesserscharfe Steinsplitter im Zielgebiet herum. Gezündet wurde der Feuertopf über ein Zündloch mittels eines Luntenstocks. Die Reichweite betrug etwa 300 m. Der Feuertopf war keine Präzisionswaffe, er traf nur ungefähr, dafür konnte ein Treffer mehrere Krieger auf einmal das Leben kosten.

Um die Mitte des 14.Jahrhunderts gesellten sich zu diesen Pfeilbüchsen die kompakteren, auch als Handfeuerwaffen tauglichen Lotbüchsen, die Bleikugeln verschossen.

Mit Lotbüchsen des 14./15. Jahrhunderts wurden Geschosse aus Blei (Lot) mit Kaliber von 3 cm bis 15 cm verschossen, was einem Kugelgewicht von 0,5 bis 16 Pfund entspricht. Von den größeren Lotbüchsen hießen die längeren Schirmbüchsen, nach den beweglichen Holzschirmen bei Belagerungen, die mit kürzeren Rohren nannte man anfangs Tarrasbüchsen.

Während Haken/Doppelhaken zu den Pulverhandwaffen zuzurechnen sind, gelten nachfolgend genannte Lotbüchsen bereits zur Artillerie.

Rohr mit Kammer einer (kleinen) Kammerbüchse wog nur etwa 50 bis 60 Kilogramm und verschoss mit von Blei überzogene Steinkugeln mit 6 bis 7 cm Durchmesser. Das zugehörige Kammerstück fehlt allerdings.

Kammerbüchsen (Kammerstücke) sind Hinterladegeschütze, die bis etwa Mitte des 16.Jahrhunderts in Gebrauch waren. Die lose Ladebüchse, die das Pulver enthät, nennt man “Kammer“. Es gibt sie entsprechend der Größe in unterschiedlichen Ausführungen. Aufgrund des geringen Platzbedarfs beim Ladevorgang war dieser Geschütztyp hervorragend für den Kampf aus Kasematten (im Festungskampf) geeignet.

Das Rohr mit Kammer einer (kleinen) Kammerbüchse, so wie im Informationszentrum der Hardenburg ausgestellt, wog nur etwa 50 bis 60 Kilogramm und wurde mit Blei überzogenen Steinkugeln von 6 bis 7 Zentimetern Durchmesser bestückt. Ihr Schmiederohr besteht aus mehreren Lagen dünn geschlagenen (geschmiedeten) Eisens, wobei die Rohrmündung und das Ende durch einen doppelten bzw. langen Ring verstärkt sind. Dazwischen sind in nicht vollständig gleichen abständen weitere Ringe herumgelegt.  In diese Röhre wird das Kammerstück, das aus einer Masse geschmiedet ist, eingeschoben. Die Kammer ist natürlich enger als das Rohr. Die Größe ist auf die Pulverqualität, das Rohrkaliber, die Rohrlänge und das Gewicht des Geschosses abgestimmt.

Die im Besucherzentrum der Hardenburg ausgestellte Kammerbüchse war leicht und daher beweglich und der Ladevorgang ging schnell. Sie verfügt noch nicht über Schildzapfen, sondern wurde mit Stahlbändern auf er Lafette fixiert.

Leichte Steinbüchse auf Radlafette (15. Jh)

Foto: Leichte Steinbüchse auf Radlafette (15. Jh)

Bevor das genormte Kalibersystem für Artilleriewaffen ab 1550 eingeführt wurde, hat man Steinbüchsen nach ihrer Größe bezeichnet.

Aus ihnen wurden Steinkugeln verschossen, die für jedes Geschütz spezifisch angepasst wurden. Die Steinkugeln wurden von Steinmetzen vor Ort aus Rohlingen (end-)gefertigt.

Charakteristisch für Steinbüchsen ist die Zweiteilung in Kammer und Flug. Die Kammer wurde mit Schwarzpulver gefüllt. Der Flug nahm die Steinkugel auf. Die Treffgenauigkeit einer Steinbüchse war gerade wegen des kurzen Rohres und des Fehlens von Zieleinrichtungen gering.

Legestück, auf Holzrahmen verspannt, Anfang 15. Jh

Das Legestück ist ein Rohrgeschütz (schwere Steinbüchse oder Hauptbüchse) des 14./15. Jahrhunderts und kam ausschließlich als Belagerungswaffe zum Einsatz. Es war aus Eisen geschmiedet und besaß noch keine Zapfen für die Bettung auf einer Lafette. Vor ihrem Einsatz musste zunächst ein Holzrahmen gezimmert und das Geschütz darin fixiert werden oder man sicherte es am rückwärtigen Ende mit in den Boden getriebenen Holzpflöcken zum Ausrichten und Abfangen des Rückstoßes. Kleinere Legestücke wurden zusammen mit der Holzverschalung an den Einsatzort transportiert.

Holzrahmen für ein schweres Legestück
Quelle: Feuerwerksbuch des Martin Merz 1450
Kleingeschütz in Lade / auf Blocklafette (15. Jh) QUelle: Zeugbuch Maximilian I.; Creative Commons: https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/

Es sind unterschiedliche Definition im Umlauf. Auf dieser Seite wird im Folgenden unter Klotzbüchse ein kleineres, auf einer Lafette fixiertes Geschützrohr, verstanden und damit die Art der Geschützbettung als namensgebend herangezogen.

Eine kleine Steinbüchse oder eine Lotbüchse (in beiden Fällen mit dem Grundmaterial der Kugel als namensgebendes Kriterium) können also durchaus zugleich eine Klotzbüchse sein.

Auch die Tarrasbüchse ist ein kleines Steingeschütz bis max. 2 Pfund Geschossgewicht, welches auf Burgen für den Hagelschuss eingesetzte wurde.

Tarrasbüchse 

aus: Rüst- und Feuerwerksbuch (gemeinfrei).

Abb.1    Zitierlink digi.ub.uni-hd

Es gab mehrere Arten von “Orgeln”, je nachdem wie die Rohre miteinander auf dem Gestell verbunden waren.

Im 15. Jh. legte man noch häufig 6-8 Rohre auf ein kastenförmiges Gerüst nebeneinander. (..) “wenn man das eine losbrannte, sind alle zumal losgegangen“.

Im 17. Jh. war die Fertigungstechnik bereit so vorangeschritten, dass mehrere Rohre in einer Reihe und mehrere Reihen übereinander reihenweise abfeuerbar waren. In der auf Veste Coburg ausgestellten Orgelbüchse (Abb.2) sind sogar 7 * 7 Rohre auf eisernem Rahmen und auf einer Wandlafette montiert. Jeweils eine Reihe war horizhontal abfeuerbar. Die einzelnen Reihen besaßen unterschiedliche Kaliber. Das Gewicht des Geschützes betrug 500kg.

 

Im Gegensatz zu den vorgenannten Legestücken war die “Wagenbüchse” bzw. die “Karrenbüchse” als Feldgeschütz mobil einsetzbar. Bei der Benennung des Geschütztyps zog man die Art der Beweglichkeit, z.B. des Fuhrwerks, heran.

Im Neuscharfenecker Waffenverzeichnis von 1600 ist die Existenz einer “gross schlang uff karch”, welche zum Schutz vor der Witterung im Stallgebäude der Vorburg stand.

Abb.: “Feldstück” auf zweiachsiger kleinrädriger Kasemattlafette (gemeinfrei)

Die ortsfest in Kasematten positionierten Kanonen saßen anfänglich starr auf schwerfälligen Lafettenblöcken (zeitgenössischer Begriff: “Laden“), die entweder schon zweiachsig mit 4 kleinen Laufrollen (ähnlich wie in der Marine) oder noch gar nicht rollengelagert waren. (Klotzbüchse)

Die Aufhängung des Rohres mit Schildzapfen (so wie in dieser Abbildung) kam erst gegen Ende des 15.Jhdts. auf.

Schwere Steinbüchse Hauptbüchse genannt “Der Strauß” aus: Zeugbuch Maximilian I.

Hauptbüchsen bzw. Hauptstücke gehören der schwersten Geschützkategorie der Belagerungsartillerie an. Sie hatten ein kurzes dickes Rohr aus drei Zylindern, der mittlere war der dickste. Die Hauptbüchse verfügt noch nicht über Schildzapfen, sondern wurde mit mindestens vier starken Ringen gehalten.

Die Hauptbüchsen unter Kaiser Maximilian I. trugen malerische Namen wie “Der Strauß”, “Der Leo”, “Tirolerin”, “Weckauf”

    • Kugelgewicht in Stein über 100 bis 730 Pfund (!)
    • Kaliber bis 80 cm
    • Rohrlänge ab 3,6 m
    • Rohrgewicht von über 92 Zentner
    • Keine Lafette, Montage einsatzbezogen auf Holzgestell.

Oft reichte schon der Anblick eines dieser Geschütze, um einen Verteidiger zu demoralisieren und zur Übergabe zu veranlassen.

Viertelbüchse für der Verschuss von 10-pfündigen Steinkugeln mit Durchmesser 17 cm) aus: Zeugbuch Kaiser Maximilians I. – BSB Cod.icon. 222, Innsbruck, um 1502 http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00020956-6

 

Die noch bis zur Zeit des Kaisers Maxilian I.  hergestellten Viertelbüchsen wurden vom Typus der Kartaune abgelöst. Namensgebend für diesen Geschütztyp “Viertelbüchse” ist das  Steingewicht der zu verschießenden Kugel. Diese hatte einen Durchmesser von ca. 17cm. Der Flug des Steingeschützes übertraf die Rohrweite der 24-pfündigen Halbkartaune um 2cm und erreichte fast das Kaliber einer Ganzkartaune.

Für den Hagelschuss wurden jedoch keine Steinvollkugeln, sondern bis zu 20 Pfund Hackblei oder Arkebusenkugeln geladen.

Viertelpfünder fanden auch Einsatz auf pfälzischen Burgen.

    • Laut E. Braun stand in der Schildmauer von Neuscharfeneck möglicherweise ein  10-Pfünder (oder eine Viertelkartaune) auf einer vierrädrigen Kasemattlafette in einer der großen, dort 1472 angelegten, Kasematten. 
    • In der Schildmauer des Nansteins standen zwei 10-Pfünder auf  vierrädrigen Kasemattlefetten in den dort 1518 angelegten Kasematten, um vorgedrungenes Fußvolk auf kurze Distanz mit einem Hagelschuss zu zerschlagen.
    • In der Kellerebene des Großen Rondells auf Burg Nanstein stand ebenfalls eine 10-Pfünder Steinbüchse als schwere Waffe – vermutlich auf einer Radlafette wie oben abgebildet – für den Naheinsatz, z.B. mit Hagelschuss (Streuladung).
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